Dossier

Wirtschaftsförderung Nordschwarzwald


1 Nabel der Mode-Welt

Die Bildungseinrichtung LDT in Nagold hat den Ruf einer Kaderschmiede. Um das zu unterstreichen, wird ständig investiert.

Foto: LDT

Wer hier raus geht, der wird garantiert nicht arbeitslos!" Die Aussage von Manfred Mroz mag man als ambitioniert empfinden. Doch, was der Geschäftsführer Finanzen und Marketing den Absolventen der Akademie für Modemanagement (LDT) in Nagold in dieser Aussage mitgibt, ist maßgeschneidert: Die "Texer", wie die Absolventen sich selbst nennen, sind als Führungsnachwuchskräfte in der Modebranche gefragt.

Der Weg hin zu dieser Ausnahmestellung in der Branche war lang: 1949 als Lehranstalt des Deutschen Textilhandels gegründet, nahm die LDT vor allem seit Ende der 1990er-Jahre Fahrt auf, als die Dualen Studiengänge eingeführt wurden und man sich für die Sparten Schuhe und Sport öffnete.

Inzwischen sind mehr als 600 Studierende in den verschiedenen Aus- und Weiterbildungsangeboten der LDT eingeschrieben. Sie werden von 70 Fachdozenten in 60 Kernfächern und gut 50 Wahlfächern unterrichtet. Mehr als 400 namhafte Unternehmen aus Handel, Industrie und Verbänden kooperieren mit der Bildungseinrichtung.

Wobei man bei der LDT trotz des Erfolgs einer Leitlinie über all die Jahre treu geblieben ist: "Unser Qualitätsanspruch an die Studierenden und das Lehrangebot bleibt extrem hoch", erläutert Mroz. Oder anders ausgedrückt: Geschenkt bekommt in Nagold niemand was, egal bei welcher Weltfirma er arbeitet. Die Studierenden wissen das, sehen es als Ansporn, weswegen der Geschäftsführer gerne von einer "hoch motivierten Truppe" spricht.

Allerdings ist Motivation nur ein Garant für den Erfolg. Ein anderer: die Qualität der Ausbildung. Den erwähnten Anspruch haben die LDT-Veranwortlichen mit einer umfassenden Sanierung des Campus ab dem Jahr 2011 unterstrichen. Rund 3,5 Millionen Euro flossen in die multimediale Ausstattung und in die Aufenthaltsqualitäten der Räume und des Umfelds.

Doch damit ist es laut Mroz nicht getan, vielmehr wird jährlich ein namhafter Betrag investiert, um in der Kaderschmiede den "studentischen Wohlfühlfaktor" hochzuhalten - legendäre Partys inklusive.

Wobei die LDT ohnehin für ungewöhnliche Aktionen bekannt ist. Heuer stach beispielsweise bereits zum achten Mal die von Mroz und der Nagolder Schuhhandels-Legende Helmut Raaf organisierte LDT-Adria-Challenge ins Mittelmeer vor der Dalmatinischen Küste. Auf acht gecharterten Jachten ging es um viel mehr als Teamgeist - Netzwerken mit namhaften Persönlichkeiten aus der Textilbranche war an Bord ebenso angesagt wie Management- und Businessplantraining. Und bei spontanen Aktionen wie einer Themen-Modenschau mit Bordmitteln ist Kreativität gefragt. Auf diese Weise erhalten die "Texer" während der Nagolder-Jahre eine komplexe Ausbildung, bis hin zur bestens gefüllten Kontaktkartei.

Mroz ist deshalb selbstbewusst: "Unsere Absolventen durchdringen den Markt. 'Texer' findet man bei Einzelhändlern genauso wie bei global agierenden Online-Giganten."

2 "Das ist nicht optimal"

Serie Frauen in der Wirtschaft: Kerstin Ihle führt erfolgreich den Hartmetall-Spezialisten Gerhard Ihle. Allerdings stößt sie in der täglichen Arbeit auf Hindernisse.

Foto: WFG Nordschwarzwald

Frauen in Führungspositionen. Die "genießen" in der Öffentlichkeit noch immer Exotenstatus. Dabei sind Chefinnen im Mittelstand quer durch alle Branchen auf dem Vormarsch. Ein breit aufgestelltes Konsortium aus Institutionen hat deshalb eine Austellung sowie die Broschüre "Erfolgreiche Unternehmerinnen in der Region Nordschwarzwald" aufgelegt. Im Rahmen der Medienpartnerschaft mit der Wirtschaftsförderung Nordschwarzwald stellt Econo erfolgreiche Unternehmerinnen vor.

Die Übernahme von Verantwortung im Familienunternehmen? Für die 36-jährige Kerstin Ihle war das nicht von Anfang klar. "Die Entscheidung hat sich während meines zweiten Studiums herauskristallisiert." Zunächst studierte sie Betriebswirtschaft, hängte danach Rechtswissenschaften an. Ihle: "Das hat mich schon immer inte­ressiert." Kurz vor dem ersten Staatsexamen dann die Entscheidung pro Firma. "Das zweite Staatsexamen habe ich dann trotzdem noch gemacht, um das Jurastudium komplett abzuschließen", erläutert Ihle.

Seit sechs Jahren führt sie nun mit ihrem Vater Gerhard Ihle den gleichnamigen Spezialisten für Hartmetalle und Werkzeuge mit Sitz in Königsbach-Stein. 300?000 Einzelartikel in mehr als 3000 Abmessungen bietet das Hartmetallprogramm des 1986 gegründeten Unternehmens mit heute 38 Mitarbeitern. Daneben werden auch die nötigen Trennmaschinen im Unternehmen selbst gefertigt.

Da Kerstin Ihle gemeinsam mit ihrem Vater in der Verantwortung steht, hat sie den direkten Vergleich: Führen Frauen anders? Die Frage beantwortet sie klar mit Ja. "Ich beobachte oft, dass wir dasselbe Ziel haben, aber auf unterschiedlichen Wegen dahinkommen." Zudem agierten Frauen sensibler "und mit mehr Fingerspitzengefühl". Das misstrauische Beäugen einer Frau in der Metallbranche kontert die 36-Jährige indes gelassen: "Ich lasse mich davon nicht irritieren und versuche, mit Leistung zu punkten."

Nicht so gelassen reagiert Ihle indes bei einem anderen Thema: Als Mutter einer kleinen Tochter benötigt sie als Unternehmerin neben einem "effektiven Zeitmanagement" auch eine Tagesmutter, um Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen. Das funktioniert - bis auf die eigenen Bedürfnisse, die zurückstehen - gut. Anders schaut es hingegen ihrer Beobachtung nach bei anderen aus. Viele Frauen könnten nur vormittags arbeiten - weil schlicht die Kitas nur zu dieser Zeit geöffnet haben. Ihle: "Der Ausbau der Kinderbetreuung am Nachmittag ist dringend erforderlich!" Warum? Die Antwort ist schlicht: "Für uns als Unternehmen ist das nicht optimal." Was zunächst egoistisch klingt, ist indes ein durchgängiges Problem - wenn Frauen nur vormittags arbeiten können, was ist dann mit den Nachmittagen? "Unsere Kundschaft erwartet auch nachmittags einen guten Service. Das ist nur schwer möglich, wenn die Büros nachmittags nicht besetzt sind", erläutert Ihle und spricht damit aus, was auch andere Unternehmer so sehen.

3 Hitze per Handy

Carbolite Gero baut für das Forschungszentrum Cern einen Spezialofen. Die Anforderungen an das Millionen-Projekt sind denkbar hoch.

Foto: Tom Frigge

Schon die Rahmendaten beeindrucken: Eine zwölf Meter lange Röhre, durch­gehend auf 900 Grad Celcius elektrisch beheizbar, 30 Meter Gesamtlänge der Anlage voll Elektronik und Hochleistungssensorik. „Dennoch kann die Anlage inklusive Nebenaggragate von nur einer Person per Smartphone gesteuert werden“, sagt Roland Geiger, Geschäftsführer der Carbolite Gero.   

Das zur Verder Scientific Gruppe gehörende Unternehmen aus Neuhausen im Nordschwarzwald ist seit mehr als 30 Jahren auf den Bau von Öfen und Wärmeschränken im Temperaturbereich zwischen 30 und 3000 Grad Celsius, die mehr als 100 Länder exportiert werden. Doch dieser Auftrag mit den genannten Eckdaten hatte es auch für die Spezialisten in sich: „Ohne unsere jahrzehntelange Erfahrung wäre die Abwicklung eines Auftrags in dieser Dimension und innerhalb der vorgegebenen Zeit nicht machbar gewesen“, so der Geschäftsführer.   

Doch was macht den Auftrag mit einem Wert von 1,5 Millionen Euro so kompliziert? Die Anlage wird in der Großforschungszen­trum Cern nahe des Genfer Sees eingesetzt. Bekanntlich betreiben  dort Wissenschaftler mithilfe von Teilchenbeschleunigern physikalische Grundlagenforschung mit teils fulminanten Erkenntnissen – wenn nicht gerade ein Marder die empfindliche Anlage lahmlegt.

Für die wichtigste Cern-Anlage  LHC mit einem Druchmesser von 27 Kilometern steht eine Runderneuerung an: Die 9300 supraleitenden Magnete im Innern sollen gegen die nächste Generation ausgetauscht werden. Liest sich schlicht, steckt aber voller Tücken im Detail. An die Magneten werden nämlich höchste und besondere Ansprüche gestellt. Weshalb Carbolite-Chef Geiger auch resümiert: „Der erste und anspruchvollste Schritt war die Erstellung eines Konzepts.“

Die wichtigste Vorgabe des Cern: Die hochempfindlichen Spul­elemente für die LHC müssen nach einer Evakuierung der Röhre der Ofenanlage mit höchster Homogenität wärmebehandelt werden – und das auf vollen zwölf Metern Länge. Die zweite Vorgabe hatte es ebenso in sich, soll die Anlage doch ab Mitte 2016 im Vollbetrieb arbeiten. Damit blieben den Experten von Carbolite nur 53 Wochen Zeit, um die Anfoderungen umzusetzen, nachdem man sich bei der Ausschreibung gegen Konkurrenten aus ganz Europa durchgesetzt hatte.

Wobei, ganz so schnell konnten sich die Neuhausener doch nicht ans Werk machen. Eigens für den Auftrag musste die Produktionsfläche um 2500 Quadratmeter erweitert werden. Platz, der nun natürlich für künftige Projekte ebenfalls zur Verfügung steht. Zur Investitionsumme machte das Unternehmen keine Angaben.

Die Anlage für das Cern ist für Carbolite nicht das einzige Großereignis in diesem Jahr. Bereits im Januar kam es zu einer Verschmelzung der beiden Standorte in Großbritannien und Neuhausen zu einem Unternehmen. Durch das kombinierte Produktprogramm von Wärmeschränken bis Hochtemperaturöfen im Standardprogramm, kundespezifisch geplant und gebaut, verspricht sich die Gruppe eine stärkere Marktposition für Carbolite Gero.

4 "Macht ist positiv"

Serie Frauen in der Wirtschaft: Claudia Gläser führt den gleichnamigen Maschinen- und Anlagenbauer. Für eine Frau immer noch ein ungewöhnlicher Posten?

Foto: WFG Nordschwarzwald

Frauen in Führungspositionen. Die "genießen" in der breiten Öffentlichkeit noch immer Exotenstatus. Dabei sind Chefinnen im Mittelstand quer durch alle Branchen auf dem Vormarsch. Ein breit aufgestelltes Konsortium aus Institutionen hat deshalb eine Ausstellung sowie eine Broschüre mit dem Titel "Erfolgreiche Unternehmerinnen in der Region Nordschwarzwald" aufgelegt. Das Ziel: Nachahmerinnen anspornen und einen Diskurs befeuern. Im Rahmen der Medienpartnerschaft stellt Econo in einer lockeren Reihe diese erfolgreichen Unternehmerinnen vor.

Claudia Gläser macht den Anfang. Das Familienunternehmen Gläser mit 60 Mitarbeitern hat für die heute 46-Jährige eigentlich immer dazugehört. 1976 hat ihr Vater den Maschinen- und Anlagenbauer in Horb am Neckar gegründet. Die Kernkompetenzen sind kundenindividuelle hydraulische Steuerblöcke und Anlagen zur Überprüfung der technischen Sauberkeit für den Maschinenbau und die Automobilbranche.

Um für die Führung des Unternehmens technisch gewappnet zu sein, hat Claudia Gläser Industriemechanikerin gelernt und Maschinenbau studiert. Doch der technische Part ist nur eine Seite der Nachfolge. Die andere: Akzeptieren Kunden und Mitarbeiter die neue Führung, auch oder gerade wenn sie eine Frau ist? Claudia Gläser hatte damit keine Probleme: "Mein Vater hat die Übergabe optimal vorbereitet." Fünf Jahre leiteten Vater und Tochter das Unternehmen gemeinsam, bevor Claudia Gläser ab 2008 allein weitermachte.

Über Hindernisse, die sich ihr auf diesem Weg in den Weg stellten, mag Gläser indes nicht sprechen. Ihr schlichtes Fazit: Es habe keines gegeben, das nicht zu bewältigen gewesen wäre. Ohnehin merkt sie an: "Unternehmer sollten Lösungen finden, statt sich an den Hürden aufzuhalten." Die Förderung von Frauen in technischen Berufen ist eine Herzensangelegenheit von Claudia Gläser - gerade vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels: "Die Unternehmen müssen auch Frauen auf dem Radar haben." Sie spricht deshalb möglichst frühzeitig die Mädchen und jungen Frauen.

Der Erfolg: ein Frauenanteil von 40 Prozent. Ein Umdenken fordert Claudia Gläser indes auch von den Frauen: "Macht sollte in unserer Denkweise positiv besetzt sein." Denn Macht bedeute vor allem Gestaltungsspielraum, um eigene Ideen umsetzen zu können und am Ende in wirtschaftlichen Erfolg umzu­münzen.

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