Foto: Ronny Schoenebaum

Die Einrichter

Peter Ippolito und Gunter Fleitz haben als erste deutsche Innendesigner den „Hall of Fame“-Award erhalten. Die Stuttgarter geben dem „Wienerwald“, der „Spiegel“-Kantine und dem Rathaus in Schorndorf ein neues Gesicht

Schwarz, natürlich. Was sollten Peter Ippolito und Gunter Fleitz an diesem Abend im Dezember auch für eine andere Farbe wählen. Es ist der vielleicht wichtigste in ihrer bisherigen Karriere, das Duo erhält den „Hall of Fame“-Award der US-Zeitschrift "Interior Design". Er gilt als der Oskar der Innenarchitekten, Philippe Starck und Matteo Thun gehören zu den Ausgezeichneten. Ippolito und Fleitz stehen also in dunklem Anzug, dunklem Hemd ohne Krawatte, mit offenem Kragenknopf auf der Bühne im mondänen Waldorf-Astoria-Hotel vor 1300 Gästen. Sie tragen die Kluft der Kreativen so stolz wie den Preis – sie sind die ersten deutschen Inneneinrichter in dieser "Hall of Fame".

Stuttgart, Augustenstraße 87. Der Hauptsitz der Ippolito Fleitz Group ist das Kontrastprogramm zu New York. Äußerlich jedenfalls. Das Innere überträgt den Stil der beiden Kreativen perfekt: ein wenig mondän, ornamental, modern, licht und haptisch mit den unterschiedlichsten Oberflächen, Lichtgestaltungen – ein Fest für die Sinne.

Seit 2002 führen beide das Büro, waren zuvor 1999 Gründungsmitglieder bei Zipherspaceworks. Die Besondnerheit: Beide haben sich nach dem Studium der Architektur nicht aufgehalten, um bei anderen Büros Fertigkeiten zu vertiefen. Machen! Selber machen! Das ist das Credo, optisch unterstrichen von einer wuchtigen, schwarzen Brille bei Ippolito. Er macht sich schon während des Studiums Anfang der 1990er selbstständig, richtet eine Arztpraxis und eine Privatwohnung ein – nebenher ist er Praktikant bei Stararchitekt Daniel Libeskind. „Eine ungeheuer prägende Zeit“, so Ippolito. Anschließend ist er persönlicher Assistent bei Benjamin Nicholson, einen Architektur-Querdenker aus Chicago.

Ippolito und Fleitz arbeiten querbeet, Landschaftsarchitektur, Logo, Messestand und Showroom für Walter Knoll. Der Hähnchenbrater „Wienerwald“ erhält ein grundlegendes Facelift. Wobei die Gestalter nicht um des Gestaltens willens alles auf links drehen. Fleitz: „Es muss aus einem Guss sein und die Identität des Auftraggebers spiegeln.“ Egal ob Luxus-Hotel, Zahnarzt oder Bar, die ADAC-Zen­trale in Stuttgart. Sogar an das Innere des Rathauses in Schorndorf hat man das Duo herangelassen, immerhin ein ortsbildprägender Bau aus dem Jahre 1726. Herausgekommen ist eine öffentliche Fläche, ein Ratssaal mit denkmalgerechtem Wow-Effekt. Vor allem die runden und halbrunden Leuchten im Zusammenspiel mit den Oberflächen machen den Reiz aus. Wobei man das Spiel mit Oberflächen als Besonderheit der beiden bezeichnen kann. Sie schrecken bei der Gestaltung eines Restaurants nicht vor Spitzendeckchen als Element zurück.

Doch klar ist auch: Mit Spitzendeckchen allein steigt man nicht in die „Hall of Fame“ auf. Ippolito und Fleitz haben eine Reihe spektakulärer Projekte gestaltet, wobei  das Einkaufszentrum "Gerber" in der Stuttgarter Innenstadt da schon zu den weniger auffallenden zählt. Das Duo ist in die Fußstapfen des legendären Verner Panton getreten und hat die Mitarbeiter-Kantine des "Spiegel"-Verlags gestaltet. Mehr Prestige geht kaum. Und man war verantwortlich für die Innenräume des Internationalen Forums in Usbekistan, einem riesigen Repräsentationsbau mitten im Zentrum von Taschkent. Damit hat das Duo seinen Ruf begründet, heute arbeiten mehr als 40 Kreative für die Büros der Group in Berlin, Schanghai, Zürich, Seoul und Moskau. Eine Wand im Stuttgarter Büro zieren mehr als 200 Auszeichnungen, darunter eben die „Hall of Fame“. Ein gutes Gefühl daran vorbeizugehen, geben Ippolito und Fleitz zu. Doch eigentlich ist für beide etwas anderes wichtig: „Wir sind bei jedem Projekt neugierig, was entstehen kann.“ Kreative pur eben.

Teilen auf

Weitere Portraits

Foto: Klaus Eppele für econo

Die Ideologin

Susan Rößner hat Monomeer gegründet, einen Spezialversand für den plastikfreien Lebensstil. Porträt eines ungewöhnlichen Start-ups.


Foto: Klaus Eppele für econo

Überflieger in der Glitzerwelt

Econo-Klassiker: Heinz Gebauer führt einen der größten Schaustellerbetriebe im Land. Die Familie organisiert seit Jahrzehnten Volksfeste im Südwesten, wollte in Konstanz direkt am Hafen ein Riesenrad bauen. Der Grund des Erfolgs? Alles selbst machen können


Foto: Michael Bode für econo

Keine Zeit für Schwellenangst

Econo-Klassiker: Gabriele Siedle führt die S. Siedle. Das Unternehmen aus Furtwangen ist bekannt für seine Türklingeln und ist eine Legende. Und hat eine schwere Krise hinter sich. Die Bankdirektorin musste sich rasch einleben


Foto: Michael Bode für econo