Standpunkt

Einigt Euch!


Andreas Masuch, Rechtsanwalt bei Melchers, zur Erbschaftsteuerreform: Die Politik muss endlich verlässliche Rahmenbedingungen für die Unternehmensnachfolge schaffen.

In seinem Urteil vom 17. Dezember 2014 hat das Bundesverfassungsgericht die Regelungen zur Erhebung der Erbschaft- und Schenkungsteuer für verfassungswidrig erklärt, da die Verschonungsregelungen für Erben von Firmenvermögen unverhältnismäßig großzügig seien und gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstießen. Es hat zwar die beanstandeten Normen für weiter anwendbar erklärt, dem Gesetzgeber aber eine Frist bis zum 30. Juni 2016 für eine verfassungskonforme Neuregelung gesetzt.

Direkt nach dem Urteil kam das Gesetzgebungsverfahren zügig in Gang und es wurde mit einer schnellen Neuregelung gerechnet. Leider führten jedoch die erheblichen Meinungsverschiedenheiten zwischen den politischen Parteien dazu, dass der Bundestag das neue Gesetz überhaupt erst kurz vor Ablauf der vom Gericht gesetzten Frist am 24. Juni 2016 verabschiedet hat.

Anders als von der Koalition erhofft, versagte der Bundesrat dem Gesetz am 08. Juli 2016 dann auch noch seine Zustimmung und verwies es zur grundlegenden Überarbeitung in den Vermittlungsausschuss. Wann es dort zu einer endgültigen Einigung kommt, ist vollkommen offen; der Vermittlungsausschuss befasst sich erstmals am 08. September 2016 mit dem Gesetz.

Die Meinungsverschiedenheiten sind nach wie vor groß. Während die einen die Sicherung der Arbeitsplätze in mittelständischen Familienunternehmen im Erbfall nur durch möglichst große Privilegierung von Firmenvermögen für möglich halten, pochen die anderen auf einen erhöhten Anteil großer Vermögen am Steueraufkommen. Die fehlende Einigungsfähigkeit der Politik über die vom Verfassungsgericht gesetzte Frist hinaus hat nun sogar das Bundesverfassungsgericht wieder auf den Plan gerufen, das in Aussicht stellte, sich Ende September wieder mit dem Verfahren zu befassen.

Als Entscheidung des Gerichts wird von einem vollständigen Erhebungsverbot für die Erbschaftsteuer bis zu einer eigenen Übergangsregelung für die Übertragung von Firmenvermögen alles für möglich gehalten. Die Unsicherheit der Inhaber von Unternehmen und deren künftigen Erben hat sich also nochmals vergrößert.

Konnten sie bis zum 30. Juni 2016 zumindest davon ausgehen, dass bis zu einer gesetzlichen Neuregelung die alten Regelungen fortgelten, so fehlt nun auch noch diese Sicherheit.

Dieser Zustand ist unhaltbar.

Mittelständische Familienunternehmen gelten zu Recht als das Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Sie sichern die Mehrheit der deutschen Arbeitsplätze und sind oft (Welt-)Marktführer in ihrer Branche. Für sie steht der langfristige Erfolg regelmäßig über kurzfristigen Ergebniserwartungen. Sie stehen in vielen Fällen seit Generationen für Kontinuität und Sicherheit, haben Krisen überstanden und der Gesamtwirtschaft geholfen, diese zu überstehen. Das Erbschaftsteuerrecht kann diese gewachsenen, typisch deutschen Strukturen unterstützen oder behindern.

Sicher ist, dass die andauernde Rechtsunsicherheit geordnete Unternehmensnachfolgen behindert und dadurch längerfristige strategische Planungen und Investitionen erschwert. Deutschland kann sich diesen Zustand nicht mehr lange leisten, wir brauchen schnell eine Einigung über eine verfassungskonforme Neuregelung! Daher der Appell an die Politik: Einigt Euch!

Foto: PR

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