Gründerkolumne

Der Kunde wird’s schon richten


Martin Trenkle von Campusjäger über eine spezielle Art des Learning by Doing

Bereits in der letzten Kolumne haben wir kurz von den Anfängen von Campusjäger erzählt. Bei der Gründung waren wir gerade 20 und 21 Jahre alt und hatten keine relevante praktische Vorerfahrung. Unser Ziel war es, eine Plattform anzubieten, die Studenten die Suche nach Praktika, Werkstudentenjobs und dem Berufseinstieg erleichtert und den Unternehmen den Zugang zu talentierten Nachwuchskräften einfach macht. Was wir jedoch nicht wussten war, wie man diese Plattform baut und welchen Anforderungen sie gerecht werden muss.

Viele Start-ups stehen vor diesem Problem. Vor allem wenn die Idee neue oder gerade entstehende Märkte adressiert, ist den Gründern und Verantwortlichen oft unklar, wie die Kundenbedürfnisse tatsächlich aussehen.

Nicht nur Produkte junger Gründer sind an dieser Hürde bereits gescheitert. Können Sie sich noch an die Einführung von Apple Maps erinnern? Ein Unternehmen, welches für intuitive Programme steht, veröffentlichte eine Kartenanwendung, die vor Fehlern nur so strotzte. Google Plus oder Windows 8 sind weitere bekannte Beispiele von Produkten, die nie wirklich angekommen sind.

Was kann man als Gründer von diesen Fehlern lernen? Kunden-Feedback sollte ein frühes und zentrales Element der Produktentwicklung sein. Das Feedback zu einem jungen Produkt ermöglicht das messbare Lernen bezüglich der Kundenwünsche. Die gewonnenen Erkenntnisse führen dann wiederum zu weiteren Produktentwicklungszyklen.

Im Start-up-Fachjargon nennt man das dann auch gerne „Lean Start-up“. Der Fokus liegt nicht auf einer langen Vorab-Planung, die dann völlig am Markt vorbeigeht, sondern vielmehr auf Learning by Doing und dem frühzeitigen, aber kontrollierten „An-den-Markt-Bringen“ des Produktes oder der Dienstleistung.

Wie haben wir diese Methode bei Campusjäger angewendet? Wir haben versucht, unsere zukünftigen Prozesse so früh wie möglich abbildbar zu machen. Nach vier Wochen war der Prototyp, der aus vielen verschiedenen Softwarefragmenten bestand, geboren. Die Prozesse waren unvorstellbar ineffizient, haben aber ausgereicht, um uns eine zentrale Frage zu beantworten: „Besteht überhaupt Interesse an unserem Produkt?“ Nach kurzer Zeit hatten wir erste Kunden und Nutzer und erkannten, dass unser Konzept selbst mit den aktuell umständlichen Prozessen Anklang findet.

Mittlerweile haben wir ein eigenes System entwickelt, welches von der Akquise über den Matching-Prozess bis hin zur Fakturierung alle Prozesse übernehmen kann! An diesen Punkt hätten wir nicht kommen können, wenn wir nicht früh den Kontakt mit Nutzern und Kunden gesucht hätten.

Heute wird diese Art der Produktentwicklung noch zentraler für uns. Unsere Einschätzung zu unserer Plattform unterscheidet sich stark von der unserer Nutzer, da unsere Wahrnehmung als Gründer völlig anders ist.

Im Arbeitsalltag beschäftigt man sich meistens mit offensichtlichen oder geplanten Veränderungen. Selbst Innovationsworkshops oder andere gezielte Arten der Ideengewinnung haben eine gewisse Betriebsblindheit. Innovative, extreme Veränderungen werden in den meisten Fällen von außen kommen – gezieltes Nachfragen und ein enger Kontakt zum Kunden sollten für alle Unternehmen also ein zentrales Element der Produktentwicklung sein.

Foto: Jigal Fichtner für econo

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