Hess AG: Das Ende der Insolvenz

Nach acht Jahren schließt Verwalter Volker Grub die Akte – mit einer Punktlandung, weiterer Kritik und einer Ankündigung. Sogar eine Parallele zu Wirecard zieht er

 
Foto: Jigal Fichtner für econo
 

VS-Villingen. Das Insolvenzverfahren des ehemaligen Leuchtenherstellers Hess geht mit der Zahlung einer Schlussquote in Höhe von 7,67 Prozent nun zu Ende. Das teilte der Insolvenzverwalter Volker Grub mit. Bereits 2016 war eine erste Quote in Höhe von sieben Prozent gezahlt worden, so dass die Gläubiger am Ende eine Quote in Höhe von 14,67 Prozent erhalten. Damit gab es laut Grub "eine Punktlandung": Bereits nach der Bestandsaufnahme im Sommer 2013 prognostizierte er eine Quote in Höhe von rund 15 Prozent. In konkreten Zahlen schüttet Grub insgesamt 15,3 Millionen Euro aus.

Damit geht nach acht Jahren eines der spektakulärsten Insolvenzverfahren zu Ende. Nach dem Börsengang im Oktober 2012 rutschte die Hess Anfang 2013 in Schieflage, wechselte die Vorstände aus und meldete Mitte Februar 2013 Insolvenz an. Bereits nach kurzer Zeit offenbarte sich ein verworrenes Konstrukt aus 23 Tochtergeselllschaften, 12 verbundenen Unternehmen und weiteren 13 Schattengesellschaften, die teilweise den gekündigten Vorständen, Treuhändern oder Mitgliedern der Familie Hess gehörten, wie Grub aufdröselte. Das Ziel: "die wahre Vermögenslage verschleiern und das Bilanzbild verbessern". (Ein detailliertes Dossier über die "Akte Hess" finden Sie hier.)

Wobei der Insolvenzverwalter auch die wohl letzte Mitteilung in Sachen Hess für eine Grundsatzkritik nutzt: "Der Fülle an streitigen Fragen mit komplexen Bilanzthemen waren die Gerichte nicht gewachsen", so Grub. Insgesamt hätte sich aufgrund der schlechten Ausstattung der Staatsanwaltschaften und Gerichte das Verfahren zu lange hingezogen (hier finden Sie übrigens eine Grundlegende Einschätzung des Insolvenzverwalters zu diesem Verfahren). Das juristische Verfahren gegen die ehemaligen Hess-Verantwortlichen hat vor wenigen Wochen begonnen, wurde aber aufgrund der Pandemie immer wieder unterbrochen.

Grubs Fundamentalkritik: "Es stellt sich die Frage, ob eine derart nachlässige Behandlung eines betrügerischen Börsengangs viele größere Fälle, wie Wirecard, nicht den Weg bereitet hat."

Der 83-jährige Grub beendet mit der Akte Hess nun auch seine Tätigkeit – allerdings bleibt er Seniorpartner der Kanzlei, widmet sich aber künftig schriftstellerisch geschichtlichen Themen. Er hat sich 1966 als Einzelanwalt in Stuttgart eröffnet. Heute ist das Büro ein der bekanntesten Wirtschaftskanzleien mit Schwerpunkt auf Insolvenzverfahren. Ein Porträt über Grub finden Sie übrigens hier.

Wichtig: Das Kerngeschäft der alten Hess wurde im September 2013 an die Nordeon-Gruppe verkauft und firmiert heute als Hess Licht + Form unabhängig von den früheren Protagonisten.

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