Gesucht: Ausweg in Iffezheim

Die traditionsreiche Galopprennbahn braucht ein neues Geschäftsmodell, Baden Racing hat den Vertrag gekündigt. Während der Wunschkandidat für den Neustart abwinkt, bleibt Bürgermeister Christian Schmid optimistisch

 
Foto: Baden Racing
 

Iffezheim. Corona fordert seine Opfer auch beim Galopprennsport: Baden Racing hat die Karte Sonderkündigungsrecht gezogen und den vor fünf Jahren verlängerten Pachtvertrag mit der Stadt Iffezheim zum Jahresende gekündigt – eigentlich hätte die Laufzeit noch weitere 15 Jahre betragen. "Die Verluste durch die Corona-Krise sind dramatisch. Deshalb sehen wir uns nicht mehr in der Lage, die von der Gemeinde geforderte Pacht in Höhe von 200.000 Euro jährlich zu bezahlen", so Baden-Racing-Präsident Andreas Jacobs.

Allerdings war die Betreibergesellschaft zuvor schon nicht auf Rosen gebettet: Die beiden Hauptgesellschafter Jacobs und Paul von Schubert haben seit der Übernahme des Engagements vor zehn Jahren nach eigener Aussage "mehr als fünf Millionen Euro" investiert, die veröffentlichte Bilanz zeichnet ein ähnliches Bild.

Dennoch hofft Jacobs, dass man mit der Gemeinde "eine Lösung finden werden, um den Erhalt der mehr als 160 Jahre alten Galopprennbahn weiter zu sichern". Deshalb auch ein besonderes Signal: Gemeinde, Baden Racing und eine nicht näher genannte operative Investorengruppe haben die Sanierung der Trainingsbahn angestoßen. Bis Ende des Jahres soll die Maßnahme abgeschlossen sein.

Hinter den Kulissen wurde indes in den vergangenen Wochen mit Hochdruck an einem Ausweg aus der Krise gesucht. Sogar der Verband Deutscher Galopp hat sich eingeschaltet. Allerdings gab es nun eine prominente Absage: Gerhard Schöningh, Vizepräsident des Verbandes und Eigentümer der Rennbahn in Hoppegarten, fand die Idee einer gemeinsamen Betreibergesellschaft zwar charmant, aber auch bei Berlin sind die Auswirkungen der Pandemie zu spüren. Deshalb woll sich Schöningh weiterhin ganz auf Hoppegarten konzentrieren.

Derweil gibt sich Verbandspräsident Michael Vesper kämpferisch: "Wir müssen nun neu denken und Alternativen verfolgen. Den Rennbetrieb auch im kommenden Jahr auf dieser wunderbaren Rennbahn aufrechtzuerhalten, bedeutet für uns alle eine große Herausforderung. Das ist nicht einfach." Er forderte deshalb auf, alle Kräfte von den Sportlern über Unternehmen und Bürgerschaft bis zur Politik zu bündeln.

Iffezheims Bürgermeister Christian Schmid denkt derweil schon einen Schritt weiter – und sattelt mehrere Pferde: Er ist mit verschiedenen Veranstaltern im Gespräch, um über eine Zweitnutzung Gelder zu erwirtschaften. Parallel hält er die Gründung eines eigenen Reitvereins zum Betrieb der Anlage für möglich, er denkt aber auch daran, Baden Racing mit anderen Gesellschaftern weiterzuführen.

Das Engagement hat einen klaren wirtschaftlichen Hintergrund, auch für die Gemeinde – abseits der Pachteinnahmen: Die Rennbahn gilt mit rund 200 Vollblütern in den Stallungen als zweitgrößter Trainingsplatz für Rennpferde in Deutschland. Zudem haben nicht nur die Rennen den Anspruch, sportliche Höhepunkte zu sein – was sich auch an den Wettumsätzen ablesen lässt: es sind die höchsten in Deutschland.  Seit 2010 wurden bei 131 Renntagen Preisgelder in Höhe von 24 Millionen Euro ausgeschüttet.

Kein Wunder also, dass Verbandspräsident Vesper Iffezheim als "systemrelevant" für den Galopprennsport einstuft. Und dieses Wort hat vor allem in politischen Ohren immer Gewicht.

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