Die Mahnung der Oberbürgermeister

Mit offenen Schreiben wenden sich 15 Stadtoberhäupter an die Landesregierung: fehlende Corona-Verordnungen "zehren an den Nerven". Und Dorothee Eisenlohr fordert eindringlich eine Differenzierung zwischen Stadt und Land

 
Foto: Jigal Fichtner für econo
 

Achern/Schramberg. Mit ungewöhnlich offenen Worten haben zwei Initiativen von Stadtoberhäuptern die Landesregierung zu Änderungen des Vorgehens in Sachen Lockdown aufgefordert. Dabei sticht der Vorstoß von Dorothee Eisenlohr, OB in Schramberg, hervor: "Bitte beziehen Sie bei der Erstellung weiterer Corona-Verordnungen eine Differenzierung zwischen 'Stadt' und 'Land' mit ein!" Und weiter schreibt die 38-Jährige in einem offenen Brief an Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut: "Hören Sie bitte damit auf, Regeln zu machen, die Dörfer, Städte und Großstädte über einen Kamm scheren".

Dabei begründet Eisenlohr ausführlich, wie aufgrund der geringeren Bevölkerungsdichte in kleinen Orten Hygienekonzepte und Abstandsregelungen besser eingehalten werden können, als in den Innenstädten der Großstädte, "wo es die strengeren Regeln oder Schließungen … vielleicht wirklich braucht." Auch blutet der ehemaligen Wirtschaftsförderin nach eigenen Worten "das Herz" ob der Schließungen des Einzelhandels kurz vor dem in diesem Jahr noch wichtigeren Weihnachtsgeschäft. Eisenlohr fürchtet durch diese Maßnahme "eindeutig eine Kundenwanderung hin zu den 'Großen' – und das, wo doch gerade die kleinen, liebevoll geführten Läden oft noch den Charme, die Besonderheit und das Alleinstellungsmerkmal einer kleineren Innenstadt wie der unseren ausmachen", so das Stadtoberhaupt. Die großen Ketten könnten damit am Ende die Gewinner des Lockdowns sein.

In eine andere Richtung geht der Vorstoß von 15 Stadtoberhäuptern aus dem Südwesten zwischen Rheinfelden, Radolfzell, Rottweil und Offenburg: "Die Landesregierung hat es im Gegensatz zu den benachbarten Bundesländern wieder einmal nicht geschafft, eine für uns maßgebliche Rechtsgrundlage in Form einer neuen Corona-Verordnung rechtzeitig zu beschließen. Diese wurde dann wenige Minuten vor Mitternacht bekannt gegeben" – und damit eben auch nur wenige Minuten vor Inkrafttreten.

Die bittere Anklage der Oberbürgermeister in ihrem Schreiben an Ministerpräsident Winfried Kretschmann: "In der aktuellen dramatischen Krise brauchen wir Sicherheit für unser Handeln und keine mehrere Tage vorausgehende Presseerklärungen, die uns keine Handlungsgrundlagen geben."

Denn nach "harten Monaten dieser Krise machen sich die Belastungen bei den Mitarbeitern" bemerkbar, da an "unterschiedlichen Fronten der Corona-Pandemie gekämpft" werde. Und weiter heißt es in dem offenen Brief: "In dieser extremen Belastungssituation beispielsweise Eltern oder Einzelhändlern Stunden vor dem Lockdown noch nicht einmal gesicherte Auskünfte geben zu können, zehrt an den Nerven der Beteiligten. Das muss nicht sein! Um nicht weiter das Vertrauen der Bürgerschaft zu gefährden ist es zwingend erforderlich, dass die Landeregierung zügiger Rechtssicherheit durch die Corona-Verordnungen schafft, so dass diese auch vor Ort kommnuniziert und umgesetzt werden können."

Eine Reaktion auf die beiden Schreiben durch die Landesregierung oder das Wirtschaftsministerium wurde bislang noch nicht bekannt.

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