BBS: die dritte Pleite

Der Hilferuf kam zu spät: Der Felgenhersteller hat Insolvenz angemeldet. Zuvor hoffte die Belegschaft im Streit mit einem Amt auf prominente Unterstützung – und bekommt eine klare Ansage.

 
Foto: bbs
 

Schiltach. Am Ende war sogar die Gewerkschaft IG Metall von der Geschwindigkeit überrascht: Nur wenige Tage nach einer Art Hilferuf an die Politik (siehe unten) und weiteren Gesprächen über Restrukturierungen zwischen dem Betriebsrat und der Geschäftsführung habe die Verantwortlichen des Felgenherstellers BBS Insolvenz beantragt. Hintergrund sind die anhaltenden finanziellen Schwierigkeiten, für die die koreanischen Mehrheitseigentümer – BBS gehört aktuell wohl zu 40 Prozent zur Nice-Gruppe und zu 60 Prozent der Seco-Gruppe – nicht mehr einstehen wollten.

Das Insolvenzgericht hat Rechtsanwalt Thomas Oberle von der Mannheimer Kanzlei Schilling, Zutt & Anschütz zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestimmt. Er zeigte sich in einem ersten Statement positiv, was den Verlauf des Verfahrens angeht: "Unser Ziel ist es, das Unternehmen weiterzuführen und die Chancen dafür sind gut." Woher er angesichts der anhaltenden Schwierigkeiten diese Zuversicht nimmt, dazu sagte er nichts weiter.

Andererseits kennt Oberle BBS sehr gut: Er hat bereits die zweite Insolvenz im Jahr 2010 begleitet. Das erste Mal rutschte der 1970 gegründete Felgenhersteller beeits 2007 in die Pleite – damals sehr spektakulär und mit Ansage.

// Der Schritt gleicht einer Verzweiflungstat: Betriebrat und Belegschaft der BBS sowie die Gewerkschaft IG Metall haben sich in einem Schreiben an den Bundestagsabgeordneten Volker Kauder gewandt. Hintergrund ist ein seit Jahren andauernder Rechtsstreit mit dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) über die EEG-Umlage, durch den sich der Felgenhersteller im internationalen Wettbewerb benachteiligt sieht. Der Streitwert beläuft sich inzwischen auf rund zwölf Millionen Euro – für den Rücklagen gebildet werden mussten.

Ein Betrag, auf den das Unternehmen laut dem Schreiben "zur Sicherung unserer Arbeitsplätze angewiesen ist". Da zudem die Auftragslage rückläufig sei, wird die Situation in dem Schreiben unumwunden als "existenzgefährdend" umschrieben.

Von Kauder erhoffte man sich nun zumindest einen öffentlichen Druck, um auf einen schnelleren Gerichtstermin zur Klärung des Sachverhalts hinwirken zu können. Denn, so heißt es in dem Schreiben weiter, die Geschäftsführung der BBS habe von Seiten des zuständigen Hessischen Verwaltungsgerichts mitgeteilt bekommen, dass ein Verhandlungstermin noch in diesem Jahr unwahrscheinlich sei. BBS hatte in erster Instanz gegen die Bafa gewonnen, die Behörde legte indes Berufung ein.

Der Bundestagsabgeordenete Kauder reagierte auf den Hilferuf aus Schiltach – wenn auch anders als erhofft: Als Politiker könne er keinen Druck auf ein Gericht aufbauen, schließlich werde das als unzulässige Einflussnahme gewertet werden. Zudem werde die Bafa die Berufung aufgrund der Grundsätzlichkeit sicherlich nicht zurücknehmen. Von Seiten der Belegschaft zeigte man sich enttäuscht.

Der Hilferuf ist offenkundig gerechtfertigt: Laut den Bilanzen 2017 und 2018 schreibt der Felgenhersteller bei einem Umsatz in Höhe von rund 90 Millionen Euro tief rote Zahlen. Die koreanische Muttergesellschaft Nice muss immer wieder Millionen zuschießen.

Das Minus hat indes weniger mit dem Streit mit der Bafa zu tun – über den in den Bilanzen berichtet wird – vielmehr steckt das Unternehmen mitten im Strudel der Transformation der Fahrzeughersteller zwischen neuen Abgasprüfanforderungen und E-Antrieben. So hat beispielsweise Porsche 2018 die Zahl der Abrufe stark zurückgefahren – und in Schiltach ist man weiterhin zu rund zwei Dritteln vom Geschäft mit den OEM abhängig.

Zwar will man diese Abhängigkeit reduzieren, hat dafür die Geschäftsführung in Sachen Vertrieb neu ausgerichtet, ging die bei rund 40 Prozent liegende Schrottquote an und wollte das Jahr 2020 mit einem leichten Plus abschließen – doch die aktuellen Auswirkungen der Pandemie konnten bei dieser Aussage noch gar nicht eingepreist werden. Das Auflösen der Bafa-Rückstellungen dürfte damit tatsächlich über das Wohl und Wehe der rund 550 Mitarbeiter in den Werken Schiltach und Herbolzheim entscheiden.

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