Pilz befreit sich von Virus

Der Automatisierungsspezialist zieht vier Wochen nach dem schweren Cyberangriff Bilanz: Die Produktion läuft zwar wieder, doch noch sind nicht alle Systeme wieder verfügbar. Chefin Susanne Kunschert hebt einen positiven Aspekt hervor

 
Foto: pilz
 

Ostfildern. Vier Wochen nach Bekanntwerden des schweren Cyberangriffs hat Pilz eine erste Bilanz gezogen: "Wir dürfen zu dem Vorfall selbst nur wenig sagen, um die laufenden Ermittlungen nicht zu gefährden. Soweit kann jedoch gesagt werden: Es wurden weder Kunden- noch Lieferanten-Daten gestohlen, zudem konnten wir keine virale Ausbreitung des Angriffs feststellen. Das sind gute Nachrichten", so der geschäftsführende Gesellschafter Thomas Pilz.

Nach seinen Worten wurde Pilz Opfer eines Verschlüsselungstrojaners, sogenannter Ransomware. Dabei wurden weltweit Server attackiert und ein Teil der Daten verschlüsselt. Die eigenen Monitoring-Systeme haben den Angriff registriert und Pilz hat "sofort nach Ausbruch des Angriffs sämtliche Netzwerke und Server des Unternehmens abgeschaltet". Der Angriff betraf allein die IT-Systeme für die "sogenannte Bürokommunikation", wie man bei Pilz betont.

In den ersten Tagen organisierte sich das Unternehmen mit Hilfe agiler Arbeitsmethoden und Whiteboards sowie per sicheren Messengerdiensten, Arbeitsgruppen wurden gebildet und Prioriäten festgelegt – immerhin war die komplette übliche Infrastruktur im Unternehmen von der Produktion bis zur Verwaltung nicht mehr verfügbar. Parallel prüften Spezialisten, welche Teile des Netzwerks wie betroffen waren und "säuberten" die Bereiche.

"Schritt für Schritt" nimmt Pilz inzwischen die IT-Infrastruktur wieder in Betrieb., auch die Produktion an den europäischen Standorten arbeitet wieder auf dem Niveau wie vor dem Angriff. Zugleich werden zusätzliche Schichten gefahren, um die Lieferfähigkeit zu gewährleisten.

"Doch bis für alle Mitarbeiter sämtliche IT-Dienste wieder in gewohntem Umfang zur Verfügung stehen, wird wohl einige Zeit vergehen", resümiert die geschäftsführende Gesellschafterin Susanne Kunschert – wobei sie dem Vorfall durchaus eine positive Seite abgewinnen kann: "Die vergangenen Wochen haben gezeigt: Die Technik mag ausfallen, doch der Zusammenhalt und das Miteinander der Menschen sowie der Wille, Probleme gemeinsam zu lösen, haben uns getragen."

Dennoch schwebt Kunschert nicht auf rosa Wolken: "Die aktuelle Angriffswelle auf uns und viele andere Unternehmen macht deutlich, dass Cyberkriminalität immer mehr zu einer ernsten Bedrohung für Wohlstand und Frieden in unserem Land wird." Deshalb müssten Unternehmen, Verbände, BVehörden und Politik noch enger zusammenarbeiten. Kunschert selbst kündigte an, die eigenen Erfahrungen mit den Kunden teilen zu wollen, um daraus zu lernen.

Das Familienunternehmen Pilz wurde 1948 zunächst als Glasbläserei unter anderem für Bauteile von Quecksilberschaltern und Medizintechnik gegründet. Im Verlauf der Jahrzehnte verlagerte sich der Fokus immer stärker auf Automatisierungslösungen – 1987 wurde der bekannte Not-Aus-Sicherheitschalter, der sprichwörtliche "rote Knopf", entwickelt. Heute sind die Lösungen von Pilz in vielen Branchen vertreten. Der Konzern beschäftigte 2017 weltweit rund 2500 Mtiarbeiter und setzte 324,5 Millionen Euro um.

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