Hotellerie jammert auf höchstem Niveau

Obschon die Betten in Freiburg bestens belegt sind, fürchten alteingesessene Betriebe die neue Konkurrenz – und erhalten Rückendeckung von der Stadt

 
Foto: oh
 

Freiburg. Die nackten Zahlen sind erstmal eindrucksvoll: 1,71 Millionen Übernachtungen wurden 2018 in Freiburg gezählt. Drei Viertel davon in den Hotels. Statistisch erfasst werden dabei nur Häuser, die mindestens zehn Betten anbieten. Kleine Pensionen, Ferienwohnungen oder private Schlafgelegenheiten dürften die Zahl der Schläfer sogar verdoppeln, schätzen Experten. Doch schon in der offiziellen Statistik ist der Freiburger Schlaftourismus um zehn Prozent gewachsen. Die Stadt boomt – und jammert trotzdem.

Denn natürlich ist auch in dieser aufblühenden Tourismusmetropole im Südwesten nicht alles Gold, was glänzt. Und Schuld sollen mal wieder die Großen sein. Vor drei Jahren eröffneten mehrere Ketten neue Hotels in Freiburg. Die Zahl der Betten stieg innerhalb eines Jahres sprunghaft an – von 5260 auf 6543. Heute sind es immerhin noch 6410. Die Bettenauslastung liegt bei 56,3 Prozent.

Das ist der zweithöchste Wert unter allen Großstädten in Baden-Württemberg. Nur in Heidelberg ist es noch etwas schwerer, eine Übernachtungsgelegenheit zu finden. Weil aber durch den Anstieg der Betten die Auslastung seit 2015 stetig etwas sinkt, wird nun schon wieder geklagt. Seither sei „die Auslastung der Zimmer mit durchschnittlich 3,8 Prozent rückläufig, der Umsatz mit minus 5,5 Prozent. Das bereitet uns Sorge“, sagt der Hotelier Josef Dold auf einer Pressekonferenz.

Das bereitet Sorge? Wirklich? Der Hotelier macht sich hier eine statistische Anomalie zu Nutze. In den Jahren 2015 und 2016 lag die Bettenauslastung in Freiburg jenseits der 57 Prozent. Vor 15 Jahren waren es nur 50,2 Prozent – also deutlich weniger als heute. Und schon damals herrschte Konsens, dass man in der Stadt mehr Betten brauche. 2014 – also bevor die Bettenzahl rapide anstieg – lag die Auslastung mit 56,2 Prozent sogar noch unter dem Wert von heute.

Tatsächlich scheinen sich die etablierten Hoteliers also daran zu stören, dass die neuen Anbieter es schaffen, die Preise für ein Hotelbett zu senken. Das sind normale Effekte von Angebot und Nachfrage, den beiden regulierenden Faktoren einer funktionierenden Marktwirtschaft.

Umso erstaunlicher ist es, dass die städtische Wirtschaftsförderin Hanna Böhme den Alt-Hoteliers zur Seite springt. „Der Markt ist gesättigt“, sagt die Chefin der FWTM. Wohl wissend, dass in den kommenden Jahren noch mal etwa 550 neue Zimmer anstehen. Wohl gemerkt: Zimmer, nicht Betten. Adagio baut am Güterbahnhof, Adina auf dem Gelände der Brauerei Ganter und auch Marriott ist mit dem neuen Rheingold-Hotel beim Volksbank-Neubau dabei.

Mit einem neuen Tourismuskonzept will die FWTM nun gegenlenken. Weg von der Masse, hin zu mehr Klasse. Da soll es dann also wohl darum gehen, wie man den Bettenpreis wieder hebt. Und wie es kleinen Hotels gelingt, sich in der Zeit von Zimmerportals und Preissuchmaschinen noch mit Profil, Originalität und Kreativität abzuheben. Nachhaltigkeit first, sozusagen.

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