"Wir erleben die Geburt einer neuen Technologie"

Gerhard Duda gilt als einer der führenden Praktiker in Sachen 3D-Druck. Im econo-Interview spricht der Geschäftsführer der 3D-Labs über die Hürden für den Durchbruch der Technologie, den Klartext-Anspruch bei seinen 3D-Tagen und die Gefahren im Kinderzimmer

 
Foto: Jigal Fichtner für econo
 

Sie haben zum dritten Mal die 3D-Tage rund um 3D-Drucktechnologien veranstaltet, Herr Duda. Wann erlebt die Technik denn nun den Durchbruch?

Gerhard Duda:
 Das muss man differenziert betrachten. Schaut man in die Fertigungshallen der Auto- oder Flugzeughersteller, dann ist der 3D-Druck in ausgewählten Bereichen längst in der Praxis angekommen. Ausstattungsteile von Sonderfahrzeugen für Feuerwehr und Polizei sowie Komponenten von Triebwerken für Flugzeuge werden beispielsweise mit additiven Fertigungsverfahren als Kleinserien "gedruckt". Andererseits haben unsere 3D-Tage aber auch für Ernüchterung gesorgt.

Sagen Sie doch bitte zunächst was zu den 3D-Tagen.

Duda:
 Mit unseren Unternehmen 3D-Labs haben wir seit Jahren Erfahrungen mit den unterschiedlichsten Anforderungen und Einsatzzwecken für additive Verfahren, mixen beispielsweise auch unsere eigenen Ausgangsstoffe. Aus dieser Erfahrung heraus haben wir einen zweitägigen Austausch als eine Art Messe aus der Taufe gehoben. Zur zweiten Auflage kamen mehrere hundert Fachbesucher und fachsimpelten im besten Sinne über die Stärken und Schwächen verschiedener Technologien, namhafte Maschinenhersteller waren vertreten und selbst Großkonzerne haben Mitarbeiter geschickt, damit diese sich informieren. In diesem Jahr hatten wir auch extra Schulen eingeladen, um das Thema näher kennen zu lernen.

Was sorgte dann für Ernüchterung - die Resonanz bei den Schulen?

Duda
: (lacht) Nein, die war für das erste Mal sogar gut! Da bei uns die Fachleute kommen, findet ein Austausch auf Augenhöhe statt: Wo steht man in der Branche? Was kann die Technologie leisten? Wo hakt es? Die Wahrheiten kommen ungeschönt auf den Tisch, es gibt ein kurzes Gewitter mitsamt Ernüchterung und am Ende gehen alle mit einem Erkenntnisgewinn nach Hause. Diese Diskussionskultur wird übrigens im Feedback besonders gelobt.

Dann jetzt mal raus mit der Sprache: Wann setzt sich die Technologie im Alltag durch? Man liest ja häufig vom 3D-Drucker für jeden Haushalt...

Duda:
 Die Antwort darauf ist auch hier vielschichtig. Vorneweg: Aktuell halte ich nicht viel davon, ins Kinderzimmer einen 3D-Drucker zu stellen! Über Stunden wird während des Druckvorgangs Kunststoff auf mehrere hundert Grad erhitzt. Bei unzureichender Lüftung kann das Gefahren bergen. Hier sind andere Lösungen auch bei den Druckmaterialien gefragt.
Auch sehe ich in nächster Zukunft keinen Drucker in jedem Haushalt. Dafür sind die Hürden zu hoch. Viel eher setzen sich 3D-Shops durch, in denen dann jeder ähnlich wie in Copy-Shops beispielsweise Ersatzteile für Fahrrad oder Toaster ausdrucken kann. Die dafür nötigen Datensätze hat man zuvor beim Hersteller aus dem Internet geladen. Diese Shops bieten dann nicht nur verschiedener Printer-Technologien, sondern haben auch das nötige Fillement, also das Druckmaterial vorrätig. Auf diese Weise wird sich die Technologie allmählich durchsetzen - übrigens ganz ähnlich wie beim herkömmlichen Farbdrucker vor einigen Jahren.

Sie sprachen gerade von Hürden. Was meinen Sie damit?

Duda:
 (springt auf und holt ein Bauteil) Nehmen wir diesen kleinen Propeller für eine Drohne. Mit dem gleichen Material und den gleichen Druckdaten kann man das Bauteil entweder elastisch oder spröde "drucken" - dann genügt ein Stups und das Bauteil zerspringt wie Glas.

Warum ist das so?

Duda:
 Das hängt mit der Spannung innerhalb des Materialgefüges zusammen. Je nach dem, in welchem Winkel das Teil im Bauraum des Druckers aufgebaut wird, hat es mehr oder weniger Spannung.

Also sich als Unternehmen einfach mal einen Drucker in die Halle stellen...

Duda:
 ...das kann, ja soll man durchaus machen! Die Kosten sind ja überschaubar. Immerhin geht es ja um eine wegweisende Technologie, die in Zukunft tatsächlich großes Potenzial zur Revolution in der Fertigung hat. Doch dafür braucht man Erfahrung, Erfahrung, Erfahrung und die sammelt man nur, wenn man das Verfahren ausprobiert. Auf diese Weise haben auch wir unseren Erfahrungsschatz aufgebaut.

Ist die Lage des Bauteils die einzige Hürde?

Duda:
 (lacht) Natürlich nicht! Das beginnt bei der Wahl des Druckers, geht weiter beim Fillement und endet nicht erst bei der Art, das Bauteil zu konstruieren.

Was ist der größte Fehler, den Unternehmen in Sachen 3D-Druck machen?

Duda:
 In dem man 3D-Verfahren direkt mit Spritzguss oder Zerspanung vergleicht. Jedes dieser Verfahren steht für sich, hat seine Eigenheiten, Vor- und Nachteile. Da aber beispielsweise mit additiven Verfahren ganze Baugruppen gefertigt werden können, die zudem sofort einsatzfähig sind, spielen die additive Verfahren in die beiden anderen hinein.

Ein ganzes Bauteil für den Drucker zu konstruieren, erfordert zudem eine andere Herangehensweise...

Duda:
 Das ist richtig. Auch in der Konstruktion darf man die Verfahren nicht direkt miteinander vergleichen. 3D-Druckteile werden anders, in Schichten aufgebaut, haben Stützstrukturen, machen dadurch aber auch andere Bauweisen beispielsweise bei Spritzgusswerkzeugen mit den nötigen Kühlkanälen möglich. Leider gibt es noch zu wenige Konstrukteure, die sich damit wirklich auskennen und in Sachen Ausbildung kommen wir auch nur schleppend voran.

Dafür ploppen immer wieder Premiumbeispiele wie 3D-gedruckte Sneaker von Adidas hoch.

Duda:
 Wobei es sich lohnt, bei solchen plakativen Beispielen hinter die Fassade zu schauen. Davon abgesehen sind diese Beispiele aber wichtig, um zu zeigen, was bereits möglich ist und um eine Ahnung davon zu bekommen, was noch möglich sein wird.

Andererseits könnte man über den Sinn von Turnschuhen aus dem Drucker streiten...

Duda:
 Es entspricht aber dem Trend zu Individualisierung, bietet Marktchancen und damit Wertschöpfung bei uns in Deutschland. Gerne können wir aber auch andere Beispiele nehmen: Ein Medizintechnikunternehmen aus Südbaden ist führend auf dem Gebiet des 3D-Drucks für Unfallopfer mit Schädelverletzungen. Und in der Luft- und Raumfahrtindustrie bieten 3D-gedruckte Teile Potenzial zur Einsparung von Treibstoff, was wiederum dem Klima nützt.

Die Technologie ist also auf einem guten Weg?

Duda:
 Auf jeden Fall. Die Branche kämpft zwar noch mit Kinderkrankheiten, es müssen rechtliche Fragen geklärt werden und manch Patent hindert die Technologie noch am großen Durchbruch. Doch insgesamt erleben wir gerade die Geburt einer neuen, wegweisenden Fertigungstechnologie mit dem Potenzial, in Unternehmen wie später auch in Privathaushalten einiges durcheinander zu wirbeln.

Abschließend: Wie geht es mit den 3D-Tagen weiter?

Duda:
 Wir sind schon in den Überlegungen für die vierte Veranstaltung im Jahr 2020. Unser Ziel ist es auf alle Fälle, die 3D-Tage als wichtigen Kongress fest zu etablieren.

Besten Dank, für das Gespräch Herr Duda!

Zur Person:
 Gerhard Duda hat 2009 in St. Georgen im Schwarzwald die 3D-Labs als Dienstleister für Rapid-Prototyping, Serienfertigung und den Verkauf von Anlagen gegründet. Der begeisterte Fitnesssportler beschäftigt sich zudem mit der "Chemie", also dem Zusammenstellen neuer Ausgangsstoffe für die additive Fertigung - kein Wunder, dass der neue Katalog der 3D-Labs eine moderne Hexe ziert.

Übrigens: 3D-Labs veranstaltet mit Econo drei spezielle Workshops zum Thema additive Fertigungstechnologien – einen für "Chefs", einen für "Nerds" und einen für "Jedermann"

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