Weber kauft Weber

Der insolvente Zulieferer Weber Automotive hat eine Zukunft – die Gründerfamilie beendet das Kapitel Finanzinvestor. Eine Tochter bleibt allerdings zurück. Jetzt äußert sich die Ardian zu den Betrugsvorwürfen

 
Foto: Weber Automotive
 

Markdorf. In den vergangenen Monaten hatte sich die Lösung abgezeichnet, über die schon länger spekuliert wurde: Zwei Unternehmen wurden gegründet, die die Zukunft der seit Juli 2019 insolventen Weber Automotive sichern sollen. Wie der gerichtlich bestellte Sachwalter Christian Gerloff und der Generalbevollmächtige Martin Mucha jetzt bekannt gaben, wurde vor wenigen Tagen ein Asset Deal über den Erwerb der maßgeblichen Unternehmensteile durch die Familie Weber unterzeichnet.

Die Gründerfamilie sei damit wieder alleiniger Eigentümer der Gruppe – wenn wie üblich eine Reihe nicht näher benannter Bedingungen erfüllt seien, was sich "erst in wenigen Wochen" zeigen werde. Und auch über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart.

Im Nachgang zu der Pressemitteilung zur Übernahme hat sich jetzt der Finanzinvestor Ardian geäußert, an den Familie Weber das Unternehmen verkauft hatte – und der hält unverändert an den Betrugsvorwürfen "gegen die Altgesellschafter", sprich die Familie Weber, fest: "Im Einzelnen sind dies der Verdacht des gemeinschaftlichen Betrugs in besonders schwerem Fall, der Verdacht des Kreditbetrugs sowie der Verdacht der unrichtigen Darstellung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Weber Automotive im Geschäftsjahr 2016."

Bereits im September 2019 wurde deshalb Strafantrag gestellt. Damals wurde die Vermutung öffentlich, es seien Rechnungen über 21 Millionen Euro gebucht worden, obwohl die Kunden Widerspruch eingelegt hatten – so sollte die wirtschaftliche Lage des Unternehmens geschönt werden. Laut aktuellen Angaben von Ardian "dauern die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft in dem Fall unverändert an".

Zugleich legt der Finanzinvestor wert auf die Feststellung, dass die Gesellschafterstruktur der Weber Automotive sich durch den Verkauf der Assets nicht geändert habe. Insbesondere habe kein Verkauf von Anteilen stattgefunden. Was mit dieser "Unternehmenshülle" nun geschehen soll, dazu hat sich Ardian noch nicht geäußert.

Unbeachtet von derlei Details zeigte sich Christian Weber als Gesellschafter der neu gegründeten Weber Holding und Sprecher der Familie erfreut über den Deal: "Wir haben immer an das große Potenzial des Unternehmens, seine Technologien und an die Mitarbeiter geglaubt." Man sei deshalb "ausgesprochen glücklich", die Firma nun wieder "zu alter Stärke zurückführen zu können".

Wie dies geschehen soll, skizzierte Weber ebenfalls: Man habe bereits in den vergangenen Jahren begonnen, den Automobilzulieferer breiter aufzustellen. Diesen Weg wolle man weitergehen und verstärkt in Technologien wie Elektro- und Wasserstoffantriebe, aber auch Luftfahrt und Medizintechnik investieren. Um den neuen Abschnitt auch nach außen deutlich zu machen, wird die Weber Automotive zeitnah in "Albert Weber" umbenannt.

Allerdings verläuft der Start aufgrund der Corona-Einschränkungen holprig. Seit Mitte April befindet sich das Unternehmen in Kurzarbeit. Weber: "Trotzdem sind wir sehr optimistisch, zügig wieder zu voller Kapazität zurückzukehren, sobald eine Normalisierung des öffentlichen Lebens das zulässt."

Auch Rechtsanwalt Gerloff von der Kanzlei Gerloff Liebler schildert die Verhandlungen aufgrund der Auswirkungen der Pandemie als herausfordernd: "Ich bin deshalb sehr froh, dass es gelungen ist, den Geschäftsbetrieb fortzusetzen und dem Unternehmen eine Perspektive zu geben." Und Rechtsanwalt Mucha von der Kanzlei Grub Brugger zeigt sich überzeugt: "Wir haben in der Insolvenz wesentliche Rahmenbedingungen für den erfolgreichen Fortbestand gesetzt. Nach dem Verfahren ist das Unternehmen für die Zukunft gut gewappnet." Er hatte als Sachwalter die Geschäftsführung unterstützt.

In der neuen Konstellation ist Familie Weber zwar der Eigentümer von Unternehmen und Immobilien, steht indes nicht in der direkten Verantwortung, sondern bringt sich über einen Beirat ein. Die im März neu gegründete Weber Holding wird künftig von Roger Breu geführt, der neu ins Unternehmen kommt. Zur Führung der im Februar neu eingetragenen Weber Automotive, die alsbald in Albert Weber umbenannt wird, wurde Martin Bleimehl berufen, der bislang Werkleiter in Neuenbürg war.

Während über den Deal die Produktionsstandorte in Markdorf, Bernau und Neuenbürg sowie die Beteiligungen an der Weber Magdeburg, Weber Automotive in den USA und der Albert Weber in Ungarn aufgekauft wurden, bleiben die Anteile an der Saar-Otec in St. Ingbert zurück. Das Unternehmen mit 300 Mitarbeitern ist auf die Bearbeitung unter anderem von Zylinderköpfen und Kurbelgehäusen spezialisiert und wurde 2015 übernommen. Für diese Gesellschaft soll eine eigenständige Lösung gefunden werden – was aufgrund der Ausrichtung auf Verbrennungsmotoren herausfordernd sein dürfte.

Weber Automotive wurde 1969 gegründet und gilt als Spezialist für Antriebskomponenten für Autos, Nutzfahrzeuge und Freizeitmobile – ab 2011 nahm das Unternehmen rasant Fahrt auf. Lag der Umsatz damals noch bei 74 Millionen Euro so kletterte er bis 2017 auch durch Zukäufe auf 304 Millionen Euro in der Gruppe. Zu den Kunden gehören weltweit führende Automotivekonzerne und Zulieferer; bei 90 Prozent der Kunden ist Weber nach eigener Aussage Exklusivzulieferer. Allerdings kämpfte man schon 2017 laut veröffentlichter Bilanz mit Umsatzrückgängen bei Weber Automotive und schrieb ein leichtes Minus.

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