Trumpf, Sick und die Quantenmechanik

Der Technologiekonzern und der Sensorhersteller besetzen gemeinsam mit einem besonderen Produkt ein Zukunftsfeld. Das Anwendungsfeld? Peter Leibinger: "Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt." Wobei es eine Warnung gibt

 
Foto: Trumpf
 

Ditzingen/Waldkirch. Die Quantenmechanik gehört für die allermeisten Oberstufenschüler zum Horrorlernstoff Nummer Eins. Für die Trumpf-Tochter Qant und die Sick sind diese Gesetzmäßigkeiten dagegen wie eine Tür zu unendlichen Märkten: Die beiden Unternehmen haben eine Kooperationsvereinbarung unterzeichnet und wollen bereits 2021 die ersten Quantensensoren zum Einsatz bringen. "Man kann damit Gehirnströme messen, Kunststoffrohre in Wänden lokalisieren oder die Geschwindigkeit und Verteilung von Partikeln sehr genau messen", erläutert Trumpf-Technikchef Peter Leibinger. Und er ergänzt: "Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt."

Robert Bauer ordnet als Vorstandschef der Sick die Hightech-Neuheit nüchterner, aber nicht minder gewichtig ein: "Mit dem Einstieg in die Quantensensorik baut Sick seine weltweite Technologieführerschaft in der Sensorik Branche aus. Quantensensoren sind für die Zukunft der Industrie eine Schlüsselindustrie." Die Deutsche Akademie für Technikwissenschaften schätzt nach Angaben der beiden Unternehmen das Marktvolumen von industriellen Quantensensoren weltweit auf rund 1,1 Milliarden Euro bis zum Jahr 2023 – und das Duo aus dem Land steht aktuell ganz vorne an der Startlinie.

Wobei laut übereinstimmender Einschätzung in Sachen Quantenanwendungen Institute in Deutschland weltweit als führend gelten. Allerdings reicht das nicht, wie Bosch-Chef Volkmar Denner unlängst in einem Interview mit dem "Handelsblatt" verdeutlichte: "Wir müssen darauf achten, dass es nicht nur bei wissenschaftlicher Exzellenz bleibt, sondern müssen auch frühzeitig industrielle Anwendungen realisieren, bevor uns andere zuvorkommen."

Zumindest Trumpf und Sick wollen das nun ändern. Wobei die Unternehmen zunächst Bestandskunden mit den neuen Sensoren bedienen werden: "Das ist zum einen die Halbleiterindustrie, die mithilfe unseres Sensors zukünftig Schmutzpartikel in ihren Reinräumen aufspüren und deren Menge messen kann", erläutert Bauer. So sollen sich die neuartigen Sensoren am Ende auch rechnen – denn durch die hochpräzise Messung lässt sich bespielsweise die Ausschussrate reduzieren.

Übrigens: Die Bunderegierung hat zwar ein Fördererprogramm für Quantentechnologien in Höhe von zwei Milliarden Euro aufgelegt – doch die beiden Unternehmen erhalten daraus kein Geld. Der Sensor sei trotzdem konkurrenzfähig, so Bauer.

Die Grundlagen der Theorie zur Quantenmechanik wurden in den 1920er und 1930er Jahren unter anderem von Werner Heisenberg und Erwin Schrödinger entwickelt. Stark vereinfacht ausgedrückt besagt die Theorie, dass sich Ort und Geschwindigkeit eines Atoms oder Elementarteilchens nicht gleichzeitig und präzise messen lassen. Besonders bekannt zur Verdeutlichung der Zusammenhänge ist das Gedankenexperiment Schrödingers Katze. In den sich formierenden Quantentechnologien, die sich die Grundsätze zunutze machen, ist der Quantencomputer die bekannteste Anwendung, weitere Gebiete sind Quantenkommunikaton und -kryptografie.

Die Sick mit Sitz in Waldkirch wurde 1946 gegründet und ist einer der führenden Hersteller von Sensoren für unetrschiedlichste industrielle Anwendungen. Im Geschäftsjahr 2019 setzte die AG mit weltweit rund 10.000 Mitarbeitern gut 1,8 Milliarden Euro um.

Qant wurde 2018 als Tochter aus dem Technologiekonzern Trumpf ausgegründet. Bekannt ist die Muttergesellschaft mit Sitz in Ditzingen vor allem für Werkzeugmaschinen und Laseranwendungen. Der Konzern setzte mit 14.300 Mitarbeitern im Geschäftsjahr 2019/2020 gut 3,5 Milliarden Euro um. 

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