Schützender Schirm

Das Insolvenzrecht wurde reformiert. Econo stellt die wichtigsten Neuerungen in einer zweiteiligen Serie vor. Teil 2: Mehr Eigenverwaltung in der Insolvenz.

 
 

Es ist das größte Reformpaket in der Geschichte der Insolvenzordnung. Mit dem Gesetz zur Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) sollen Unternehmen dazu gebracht werden, Insolvenzanträge möglichst frühzeitig einzureichen, um möglichst hohe Chancen für eine Sanierung zu haben. Denn bislang scheitern in Deutschland zwei von drei Verfahren daran, dass zum Zeitpunkt des Antrags das Unternehmen längst zahlungsunfähig ist und kaum Hoffnung auf Rettung besteht.

Das soll sich ändern. Unternehmern sollen die Angst vor dem Insolvenzgericht verlieren. Die Angst, sich und das Unternehmen dem Gericht und dem Verwalter auszuliefern, die Kontrolle zu verlieren.

Wie so oft in der jüngeren Vergangenheit soll hier ein Schutzschirm helfen. Ein Schirm, der dem Unternehmer mehr Rechte auf Eigenverwaltung einräumt.

Bislang fristete die Eigenverwaltung hierzulande ein Mauerblümchendasein. „Das ist meines Erachtens der größte Anreiz für den Schuldner, frühzeitig einen Insolvenzantrag zu stellen“, kommentiert deshalb Insolvenzverwalter Dirk Pehl von Schultze & Braun. Die Betonung liegt auf „frühzeitig“. Denn ein solches Schutzschirmverfahren kann nur genehmigt werden, wenn das Unternehmen noch zahlungsfähig ist. Außerdem darf die Sanierung „nicht offensichtlich aussichtslos“ sein. Liegen diese Voraussetzungen vor und stellt der Unternehmer tatsächlich einen Antrag auf Eigenverwaltung, hat das Gericht keinen Entscheidungsspielraum: Es muss zustimmen. Die Eigenverwaltung soll von der Ausnahme zur Regel werden.

„Wichtig ist, dass zwischen Gläubigern und Schuldnerin eine intakte Vertrauensbasis besteht. Besteht sie nicht, so ergibt eine Eigenverwaltung meines Erachtens nur wenig Sinn“, sagt Pehl. Doch wie viele Unternehmen werden in Deutschland tatsächlich von der neuen Regelung profitieren? Thorsten Schleich ist da skeptisch: „Es hatte gute Gründe, dass diese Praxis nur ein kümmerliches Dasein fristete“, sagt der Insolvenzverwalter aus Villingen-Schwenningen. Er rechnet deshalb nicht damit, dass sich die Zahl der Verfahren in Eigenverwaltung signifikant ändern wird. „Das geht eigentlich nur bei Großunternehmen; und dort auch nur dann, wenn es jemanden gibt, der von außen gekommen ist.“

Und es gibt noch einen gewichtigen Grund, die Neuregelung kritisch zu sehen: Die meisten Unternehmen schlittern in die Insolvenz, weil das Management Fehler gemacht hat. Und nun sollen genau diese Führungskräfte das Unternehmen wieder retten? „Das Schutzschirmverfahren wird hier gerade nicht für Verfahren in Betracht kommen, bei denen pauschal davon ausgegangen werden kann, dass Auslöser der Krise des Unternehmens ausschließlich das Vorliegen von Management-Fehlern ist“, schätzt Insolvenzverwalter Pehl. „Das Unternehmen sollte schon im Kern gesund sein.“

Doch nicht nur die Unternehmer, auch die Gläubiger erhalten mehr Rechte (Econo 1/2012). Mit dem ESUG haben sie künftig die Möglichkeit, ihre Forderungen in Anteile des Unternehmens umzuwandeln. So sollen die Gläubiger ein größeres Interesse am Fortbestand des Unternehmens haben. Von einer positiven Entwicklung der Firma würden sie als Anteilseigner schließlich profitieren. Und erhielten zugleich im Sanierungsverfahren ein größeres Mitspracherecht. Nach altem Recht konnten die Altgesellschafter einen Einstieg von Gläubigern ins Unternehmen aber blockieren.

Vom Nutzen dieser Regelung sind Pehl und Schleich nicht vollständig überzeugt. Sie schätzen das Interesse der Gläubiger an einem solchen Dept-Equity-Swap als gering ein. „Die Auskunft von Banken..

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