Runde der Vernunft

Ein Tarifpoker ohne Pfeifen und Proteste

 
 

Haben Sie etwas bemerkt? Nein? Konnten Sie auch nicht. Gerade einmal zwei Verhandlungsrunden haben sie gedauert, die Gespräche zwischen Arbeitgebern und der IG Metall. Dann waren sich die Tarifparteien im Pilotbezirk Nordrhein-Westfalen einig. Es gibt 2010 eine Einmalzahlung über 320 Euro, in 2011 ein Plus von 2,7 Prozent. Das war es. Eine Tarifrunde ohne Trillerpfeifen, Streiks und wütende Proteste.

Ein geradezu historischer Moment. Denn erstmals ist die Gewerkschaft ohne eine konkrete Forderung in die Verhandlungen gegangen. Mehr noch: IG-Metall- Chef Berthold Huber verzichtete auf jede verbale Drohgebärde. Geradezu handzahm stellte er den Erhalt der Arbeitsplätze in den Mittelpunkt. In der letzten ­Tarifrunde vor 18 Monaten bekam man noch ganz andere Töne zu hören. Doch das war eben vor der Krise.

Jetzt erblicken die meisten Unternehmen zwar wieder einen Silberstreif. Aber  die IG Metall ist ihrer Verantwortung gerecht geworden. Eine nicht unwesentliche Rolle spielt dabei die Angst vor einem weiteren Gewichtsverlust. Im Südwesten arbeiten 740?000 Menschen in der Metall- und Elektroindustrie, 40?000 Jobs sind 2009 verloren gegangen. Der überwiegende Teil sind Metaller. Ende 2008 gehörten der Gewerkschaft bundesweit 2,3 Millionen Mitglieder an. Und das war das erste Jahr seit 1993 in dem es bei der Mitgliederentwicklung eine Stagnation gab, zuvor waren es Verluste.

Huber tat gut daran, nicht den starken Mann zu markieren. Ihm muss klar gewesen sein: Viele Unternehmen sind ungewohnt offen mit der Krise und deren Auswirkungen umgegangen. Die Belegschaften sind bestens informiert. Ein zu forsches Auftreten seitens der Gewerkschaft hätte vor allem der IG Metall selbst geschadet. Diese leise Tarifrunde war deshalb vernünftig. Weiter so!

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