Lage bei Heckler & Koch entspannt sich

Der Waffenhersteller verhandelt mit den Mitarbeitern über unbezahlte Mehrarbeit als Beitrag zu einem Pakt. Die Gewerkschaft IG Metall hat viel drastischere Forderungen – und lässt die Bilanz prüfen. Jetzt hatten die Mitarbeiter das Wort

 
Foto: Michael Kienzler für econo
 

Oberndorf. Nur eine knappe Mehrheit der IG Metall-Mitglieder unter der Heckler & Koch-Belegschaft hat dem neuen Pakt zugestimmt. Für die Gewerkschaft ein Zeichen der Unzufriedenheit der Mitarbeiter mit Geschäftsführung und Inhabern. Damit stimmten die Gewerkschafter für die Ausweitung der Wochenarbeitszeit um zweieinhalb auf 37,5 Stunden – ohne Lohnausgleich. Und sie verzichten auf die übliche Einmalzahlung. Der Vertrag hat eine Laufzeit von 24 Monaten und beinhaltet eine Reihe von Ausstiegsklauseln. Zugleich hat das Unternehmen laut IG Metall zu Investitionen in zweistelliger Millionenhöhe in den Standort verpflichtet. In wie weit sich damit die Lage rund um das angeschlagene Unternehmen beruhigt, bleibt abzuwarten. Immerhin hatte die Gewerkschaft die Verhandlungen mit markigen Tönen begleitet.

Ende wurde bekannt, dass die Geschäftsführung von Heckler & Koch sowie die Arbeitnehmervertreter über Mehrarbeit und einen Gehaltsverzicht verhandeln. Auf der Forderungsliste des tarifgebundenen Unternehmens stehen zweieinhalb Stunden Mehrarbeit pro Woche sowie der Verzicht auf 400 Euro. Ein Sprecher bestätigte die Verhandlungen, nannte aber keine Details: "Derzeit arbeiten wir an einem umfangreichen Innovations- und Wachstumspakt unter Einbindung aller Stakeholder von Heckler & Koch." Am Stammsitz arbeiten rund 800 Mitarbeiter für den Waffenhersteller. 

Bei diesen hält sich die Begeisterung über die Verhandlungen erwartungsgemäß in engen Grenzen. Von Seiten der IG Metall wird die Stimmung so beschrieben: "Unsere Mitglieder sind total wütend." Tenor: Man würde nicht einsehen, warum man ausbaden solle, was Geschäftsleitung und Eigentümer "verbockt" hätten. Es wird sogar überlegt, ob Geld auf dem Unternehmen rausgezogen worden sei. Ein Indiz: Das Auftragsvolumen ist im positiven Sinne so hoch wie es der Investitionsstau im negativen ist. Mitarbeiter berichten demnach, "außer der Kantine ist alles überholungsbedürftig". 

Prüfen lassen sich derlei Anwürfe nicht. Heckler & Koch ist traditionell ein sehr verschwiegenes Unternehmen – als ein Geschäftsführer dies ein wenig aufweichte, war er kurz darauf nicht mehr in der Position. Davon abgesehen sorgen die Oberndorfer bereits seit Jahren aufgrund der Finanzen für Schlagzeilen, zudem scheint nach wie vor die Eigentümersituation nicht ganz durchsichtig zu sein. Und Heckler & Koch hat aktuell einen Prozeß verloren und muss 3,7 Millionen Euro zahlen – wobei das Unternehmen gegen das Urteil Revision eingelegt hat. Regelmäßig wird über die Unwucht bei Heckler & Koch in Tageszeitungen und Magazinen berichtet. 

Allerdings beschäftigt die Gesamtsituation des weltweit bekannten Unternehmens auch die IG Metall – und die hat das nach eigenen Angaben kollektiv geführte und unabhängig finanzierte IMU-Institut in Stuttgart mit der Analyse der HK-Bilanz beauftragt. Das Portal "Neue Rottweiler Zeitung" hat zuerst darüber berichtet, eine direkte Bestätigung der Gewerkschaft liegt noch nicht vor. Das Ergebnis der Prüfung ist demnach ernüchternd: Heckler & Koch befindet sich "kurz vor der letzten Stufe einer Krisenentwicklung" – sprich der Insolvenz. Eine Stellungnahme des Unternehmens dazu liegt bislang nicht vor.

Vor dem Hintergrund der Analyse ist man sich bei der Gewerkschaft über das weitere Vorgehen, sprich die Zustimmung der Belegschaft zum Pakt nicht sicher. Für eine mögliche Nicht-Zustimmung findet man bei Heckler & Koch dagegen bereits wie üblich in derlei Situationen drastische Worte: "Sollte es zu keiner Einigung kommen, dürften sich unsere Geldgeber die berechtigte Frage stellen, ob die Beschäftigten überhaupt an dem Erhalt der Arbeitsplätze interessiert sind." 

Die IG Metall indes zielt in eine andere Richtung: Der Beitrag der Belegschaft für eine Sanierung ist überspitzt gesagt zu gering. Deshalb brauche es einen Schuldenschnitt, "um HK überhaupt wieder zukunftsfähig zu machen". Das wiederum dürfte die Gläubiger wenig erfreuen.

Man darf gespannt sein, wie diese Kräftemessen ausgeht.

Übrigens: Ihnen fehlt eigentlich die Zeit, diese Nachricht selbst zu lesen? Dann hören Sie doch einfach unseren Podcast! Egal ob am Schreibtisch, im Auto oder beim Joggen – die aktuellen Nachrichten unseres wöchentlichen Newsletters gibt's im Dossier oder in den bekannten Portal direkt auf's Ohr. Oder Sie hören gleich hier in die aktuelle Ausgabe rein…

Teilen auf

Das könnte Sie auch interessieren