Boysen: Produktion bis 2028 gesichert

Der Abgasspezialist wächst um zwölf Prozent, hat bestens gefüllte Auftragsbücher und investiert in Standorte und Zukunftstechnologien. Doch Chef Rolf Geisel lehnt sich nicht zurück: "Die Bieterkämpfe werden im Monatstakt härter"

 
Foto: Boysen
 

Altensteig. Solche Sätze liest man in diesen Tagen nur bei wenigen Automobilzulieferern: "Die Grundauslastung unserer Produktion sehen wir bis mindestens 2028 als gesichert an", sagte Rolf Geisel, Geschäftsführer der Boysen-Gruppe. Zudem stand Ende 2019 ein Umsatz von 2,15 Milliarden Euro – ein Plus von rund zwölf Prozent gegenüber 2018 (1,92 Milliarden Euro). Von 4200 auf 4600 stieg die Zahl der Mitarbeiter, die aktuell an 23 Boysen Standorten weltweit beschäftigt sind. Angaben zum Ergebnis macht das Stiftungsunternehmen nicht, jedoch "können sich unsere Mitarbeiter einmal mehr auf eine Gewinnbeteiligung freuen, die für einen Zulieferer in diesen Zeiten noch beachtlich ist".

Positiv fällt auch der Ausblick des Geschäftsführers aus: "Für 2020 planen wir mit 2,4 und für 2021 schließlich mit über 2,6 Milliarden Euro, wobei wir in diesen zwei Jahren rund 500 weitere neue Arbeitsplätze schaffen werden. Auch dieses Wachstum wird ausschließlich aus unserem Kerngeschäft Abgastechnik resultieren. Die entsprechenden Aufträge haben wir bereits im Haus."

Allerdings macht Geisel keinen Hehl daraus, dass "die Bieterkämpfe nahezu im Monatstakt härter werden". Durch den Technologiewandel müssten die Automobilhersteller mehr denn je investieren, allem voran in die E-Mobilität sowie in autonomes und vernetztes Fahren. "Gleichzeitig soll die Rendite gehalten werden, womit der Preisdruck auf uns Zulieferer massiv erhöht wird", so Geisel. Und weiter: "Ohne Preisreduzierungen auf das laufende Geschäft ist nichts mehr zu gewinnen. Hinzu kommt, dass unsere Angebote nur noch angenommen werden, wenn wir mit Produktionslöhnen in Billiglohnländern kalkulieren."

Die Boysen Gruppe habe sich lange erfolgreich gegen diesen Trend gestemmt, müsse nunmehr aber mitziehen. Aus diesem Grund entsteht aktuell im nordserbischen Subotica mit 38.000 Quadratmetern Produktionsfläche das bislang größte Auslandswerk der Unternehmensgruppe. Der Produktionsstart ist für diesen Herbst geplant. Das Investitionsvolumen beziffert Geisel auf 70 Millionen Euro. Bereits in Planung sei zudem ein weiterer Standort in China, wo die Boysen Gruppe mit aktuell zwei Produktionswerken "einen beachtlichen Anteil unseres Gesamtergebnisses erwirtschaftet".

Auch wenn Geisel für die kommenden Jahre in der Paradisziplin der Gruppe Abgasreinigung noch gute Geschäfte sieht, parallel dazu richtet  er den Blick seit einigen Jahren auch auf neue Betätigungsfelder, "in denen wir unsere vielfältigen Kompetenzen erfolgreich einsetzen können". Ein Baustein dieser Transferstrategie seien neue Produktgruppen wie Batteriegehäuse, Edelstahltanks oder Rahmenkonstruktionen, mit denen die Unternehmensgruppe versuche, sinkende Verbrenneranteile auszugleichen.

Dieser Ansatz wurde erst jüngst mit dem ersten Erfolg gekrönt: Vor wenigen Tagen erhielt Boysen von einem Automobilhersteller den Auftrag zur Fertigung von Aggregaterahmen für ein neues E-Fahrzeug. Im Rahmen ihrer Zukunftsstrategie setzt die Gruppe ebenso auf völlig neue Geschäftsfelder. Mit der nicht nähger bezifferten Beteiligung an dem Dortmunder Redox-Flow-Batteriehersteller Volterion belege man seit August 2019 das vielversprechende Zukunftsfeld der stationären Energiespeicher. Ebenso vielversprechend ist für Geisel die Zusammenarbeit mit der Firma CENmat aus Waldenbuch bezüglich der Entwicklung von Katalysatoren für Direkt-Ethanol-Brennstoffzellen: "Erste Patente, die aus der Kooperation resultieren, wurden bereits angemeldet."

Darüber hinaus plane Boysen künftig den Bau von stationären Feinfilteranlagen und beschäftige sich intensiv mit der Herstellung von Brennstoffzellen sowie der energiesparenden Herstellung von Wasserstoff. Überhaupt kommt Geisel beim Thema Energietechnik ins Schwärmen: "Dass hier die Lösungen sind, die wir in Zukunft brauchen, haben wir bereits vor über 20 Jahren erkannt. Seither setzen wir an allen Boysen Standorten auf hochmoderne Energietechnologien: von Photovoltaik, über Blockheizkraftwerke und Geothermie, bis hin zum getakteten Eisspeicher. Damit sind wir aktuell in der Lage, rund 80 Prozent unseres Energiebedarfs in Eigenleistung abzudecken."

Die Wurzeln reichen bis ins Jahr 1921 zurück: Damals gründete Friedrich A. Boysen in Leipzig ein Unternehmen zur Herstellung von Abgasschalldämpfern. Nach der zwischenzeitlichen Insolvenz folgte nach dem Zweiten Weltkrieg die Ansiedlung des Unternehmens zunächst in Stuttgart, dann in Altensteig. Heute ist die Gruppe mit 23 Standorten einer der führenden Hersteller von Abgasanlagen für Fahrzeuge und stationäre Anlagen aller Art. Zu den Kunden gehören beinahe alle Fahrzeughersteller.

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