"Bauen wir ein Auto auseinander!"

Wie lassen sich die Chancen durch Wasserstoff für die Zulieferer nutzen? Dieser Frage spürte der Verein "H2 Regio SBH+" bei der Vorstellung der Roadmap des Landes nach – mit klaren Appellen und am Ende drei wichtigen Buchstaben

 
Foto: Maurice Klaiber
 

VS-Schwenningen. Der pragmatische Vorstoß von Rolf Leiber sorgte erst für Schmunzeln – am Ende indes für eine breite Diskussion: "Wir müssen so schnell wie möglich ein Fahrzeug mit Wasserstoffantrieb auseinander nehmen und daraus lernen!" Damit setzte der geschäftsführende Gesellschafter der Leiber Group deutlich den Ton bei der Veranstaltung zur Wasserstoff-Roadmap des Landes des Vereins "H2 Regio SBH+". Tenor der rund 80 vornehmlich Unternehmer: Geredet wurde genug, Taten sind gefragt.

Eine ähnliche Tonalität wählte auch Thomas Gschwind aus dem Umweltministerium des Landes: "Baden-Württemberg muss bei dieser Technologie eine zentrale Rolle spielen." Wie das gelingen soll, dazu erarbeitet das Ministerium aktuell besagte Roadmap – bis Ende des Jahres wird eine Art Fahrplan stehen, der ab dem kommenden Jahr umgesetzt werden soll. Das Angebot von Gschwind: "Wir erarbeiten die Roadmap im Dialog mit den Akteuren. Jetzt ist die Chance, die Anliegen einzubringen."

Wobei Gschwind klare Anforderungen an diesen Dialog stellt: "Wir brauchen keine Absichtserklärungen, sondern konkrete Maßnahmen."

Eine Anforderung, die in einer – unter Coronabedingungen entzerrten – Diskussionsrunde die Praktiker unterschiedlicher Branchen und Institutionen nachkamen. Wobei der Vorstoß des Unternehmers Leiber nach dem Auseinanderschrauben eines Autos zugegeben sehr weit reichte. Der Ingenieur stellte zugleich klar: "Wasserstoff ist gar nicht so schwer." Man müsse sich der Herausforderung nur gemeinschaftlich annehmen.

Ganz ähnlich formulierte es Thomas Albiez, Hauptgeschäftsführer der IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg: "Die Unternehmen sind technologisch gut aufgestellt, deshalb sind die Startbedingungen gut." Dennoch müsse man nun Gas geben – "noch haben wir die Nase vorn, aber die anderen holen auf". Ein Appell, dem sich auch Henriette Stanley als Geschäftsführerin der Regionalen Wirtschaftsförderung anschloss: "Wir müssen unsere Zulieferer fit machen und in der Region den Anspruch haben: Wir wollen ganz vorne mit dabei sein!"

Jürgen Roth forderte deshalb als OB in Villingen-Schwenningen den Schulterschluss der unterschiedlichen Akteure: "Wir müssen es zusammen durchboxen, damit es gelingen kann." Schließlich gehe es um nicht weniger als die Zukunft: "Es muss uns gelingen, die Wertschöpfung hier zu behalten." Immerhin befindet sich in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg eines der wichtigsten Industriecluster im Bundesvergleich – und damit auch eine große Abhängigkeit von der Automobilindustrie.

Edmund Martin goß indes ein wenig Wasser in den Wein der Euphorie rund um die neue Technologie: Als Verantwortlicher beim Versorger Energiedienst berichtete er von den Erfahrungen beim Aufbau eines Elektrolyseurs am Hochrhein zur Erzeugung von Wasserstoff. Die Bürokratie sei dabei weniger die Herausforderung, "die Widerstände gehen tendenziell von Bürgerinitiativen aus." Martin forderte generell mehr Offenheit für neue Technologien und damit Chancen für die Zukunft.

Diese Chancen will der Unternehmer Hans-Walter Haller nutzen, in dessen Stahlbau-Werkhalle die Veranstaltung stattfand: Er plant im Schulterschluss mit verschiedenen Akteuren sowie dem H2-Verein die Ansiedlung eines "Reallabors Wasserstoff" auf dem ehemaligen Schlachthof-Areal in VS-Schwenningen, das er vor einiger Zeit gekauft hat – "manche Leute haben mich deshalb für verrückt erklärt. Aber ich freue mich auf das, was dort entstehen kann!"

Bevor indes über all die Chancen, Vorhaben und das Zerlegen von Autos im Anschluss an die Veranstaltung noch länger diskutiert wurde, machte der Unternehmer Ulrich Schwellinger auf seiner Ansicht nach Denkfehler in den Formulierungen aufmerksam: "Es heißt immer 'sollte', 'müsste', 'könnte'. Dabei hat der Erfolg am Ende drei Buchstaben: T. U. N." Ein Appell, der langen Beifall erhielt.

Im Vorfeld der Veranstaltung traf sich der Verein "H2 Regio SBH+" zur ersten Mitgliederversammlung. Dabei stimmten die Mitglieder einhellig für mehrere Satzungsänderungen, die von Seiten des Registergerichts sowie des Finanzamtes gefordert wurden. Parallel informierte der Vorstand über die vielfältigen Aktivitäten und angestoßene Projekte.

Im Umfeld des Treffens unterzeichneten zudem der Verein und die IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg eine Kooperationsvereinbarung.

Transparenz: econo-Chefredakteur Dirk Werner ist Schriftführer in dem H2-Verein.

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