Foto: Jigal Fichtner

Einfach mal gemacht

Eigentlich ist Ali Yüksel Wirtschaftsinformatiker und SAP-Manager. Doch weil seine Familie für ihren Lebensmittelmarkt ein Kassensystem braucht, programmiert er eben eines. Die Software ist so gut, dass er mit dem Kassenhersteller QUORiON die QUORiON Business Solutions GmbH gegründet hat. Jetzt wird das technisch hochwertige und einfach zu bedienende System international vermarktet

Gründer mit Durchhaltevermögen: Ali Yüksel hat für den Lebensmittelmarkt seiner Familie ein Kassensystem entwickelt – das ist so gut, dass er mit QUORiON, einem der führenden Hersteller von Kassen, ein gemeinsames Unternehmen gegründet hat. Foto: Jigal Fichtner
Anzeige
Veröffentlicht:
07.08.2019 | 13:00

Kurz vor Ende des Gesprächs wird Ali Yüksel unerwartet ernst. Bis eben sprudelte es aus dem Firmengründer und erfolgreichen Europa Chef SAP Analytics & Financials bei einem international aufgestellten Konzern nur so heraus, er hat über durchgearbeitete Nächte und den Mut des Machens gesprochen. Doch irgendwie kommt Ali Yüksel dann ein Satz seiner ehemaligen Mathelehrerin in den Sinn: "Sie meinte, ich solle besser nicht studieren."

Man merkt, wie sehr dieser Satz den Jungen mit türkischen Wurzeln traf, der erst ab der sechsten Klasse in Deutschland die Schule besucht hat, der sich beharrlich durch alle Schulformen arbeitete. Der Satz traf - aber er hielt Ali Yüksel nicht auf. Er hat trotzdem studiert, Wirtschaftsinformatik sogar, mit dem Schwerpunkt Controlling. Letzteres ist für den 35-Jährigen heute ein entscheidender Faktor für seinen Erfolg.

Um das zu verstehen, muss man sieben Jahre zurückblicken. Damals macht sich Familie Yüksel mit einem Lebensmittelgeschäft selbstständig. Für die Familie ein Kraftakt, Ladeneinrichtung und Ware kosten viel Geld. Ali Yüksel: "Am Ende hatten wir für ein Kassensystem nichts mehr übrig." Immerhin werden für derlei Systeme je nach Ausstattung schnell fünfstellige Beträge fällig. Ali Yüksel nimmt das als Ansporn: "Im Internet habe ich eine Open-Source-Software aus Spanien gefunden, die ich für unsere Zwecke anpassen konnte."

Das bedeutet konkret: Während er tagsüber arbeitete und beim Aufbau des Ladens half, saß er nachts vor dem Computer. Aus der angepassten Software, zwei alten IBM-Rechnern und zwei Touchscreens "bastelte" er binnen vier Wochen ein funktionierendes Kassensystem. Job beendet, alle zufrieden. Hier könnte die Geschichte zu Ende sein. Ist sie aber natürlich nicht.

Ali Yüksel war nämlich nicht wirklich zufrieden. Die Kasse funktionierte zwar, aber es gab keine Schnittstelle zur Waage. Oder zum EC-Kartenleser. Oder zum Steuerberater, zu Datev. "Aber gerade das Schnittstellenthema ist speziell", erläutert Yüksel, schließlich braucht man dafür Zertifizierungen. Das ist von einem Einzelkämpfer nicht zu stemmen. Also widmet sich der Wirtschaftsinformatiker seiner eigentlichen Arbeit, startet eine Karriere als SAP-Manager bei einem großen Beratungsunternehmen. Und auch das Lebensmittelgeschäft der Familie wird zur festen Größe. "Per Zufall habe ich dann von QUORiON erfahren." Das Familienunternehmen aus Erfurt gehört zu den führenden Anbietern für Kassensysteme. Ali Yüksel gefiel das Konzept, zugleich waren die nötigen Schnittstellen vorhanden. Allerdings sind die Anforderungen an die Back-Office Software je nach Branche sehr vielfältig. Ali Yüksel: "Themen wie das flexible Onlineberichtswesen, der Druck von fertig formatierten Etiketten sowie eine auf Cloud Technologie basierende Architektur werden je Branche anders gehandhabt oder sind für den Lebensmittelmarkt teilweise nicht ausreichend."

Also setzte er sich wieder nachts an den Rechner, passte in Kooperation mit einem Programmierer aus der Türkei, einer Zufallsbekanntschaft, seine Open-Source-Software erneut an. "Wir haben es dann tatsächlich geschafft und unsere Software-Lösung lief auf dem modernen Kassensystem in unserem Supermarkt." Wieder sind alle zufrieden. Und die Geschichte könnte hier zu Ende sein. Ist sie aber erneut nicht. Schließlich hat Ali Yüksel wie gesagt auch Controlling studiert und DAX-Konzerne zu komplexen Kennzahlenmodellen und Auswertungsmodulen beraten. Er hat also Ahnung von Finanzen und Kennzahlen und den Anforderungen, die Finanzbehörden stellen. Entsprechend entwickelte er seine Software weiter um mobile Komponenten unter anderem für Inventur- und Bestellfunktionen, baute Knowhow auf.

Andere Einzelhändler wurden darauf aufmerksam, wollten das System haben. "Ganz langsam sind wir dann in die Rolle als IT Systemhändlers reingerutscht", erläutert der Wirtschaftsinformatiker. Doch langsam ist nicht die Sache von Ali Yüksel. Also stellte er sich die Frage: Wie geht's weiter? Für die wenigen Kunden weitermachen? Oder das Knowhow über Bord werfen? Immerhin hatte er ja in seiner akademischen Berufskarriere inzwischen eine sehr gute Manager Position inne. "Ich bin raus in die Natur gefahren und habe da mehrere Stunden mit mir gerungen", erinnert er sich.

Am Ende steht die Entscheidung: Nachts um zwei Uhr schreibt er dem Geschäftsführer von QUORiON eine Mail. "Ich habe ihm einfach meine Meinung geschrieben, unsere Erfahrungen geschildert und Möglichkeiten aufgezeigt." Wenige Stunden später kommt eine Antwort, inklusive Einladung zu einer Vor-Ort Präsentation - die soll drei Wochen später stattfinden. Für Ali Yüksel Chance und Tragik zugleich: Chance, weil er seine Ideen einer modernen, einfach zu bedienenden Back-Office Software auf Basis einer Cloud-Infrastruktur per Fingerzeig auf allen Endgeräten realisieren kann. Tragik: Dieses Mal reicht es nicht, die Open-Source-Software ein wenig anzupassen. Es braucht einen Neustart inklusiver einer neuen Cloud Plattform die komplett aufzusetzen ist!

Also muss er zusammen mit seinem Partner in der Türkei wieder ran, wieder das bekannte Spiel, tagsüber normale Arbeit, nachts Programmieren bis zum Umfallen. Doch der Aufwand lohnt sich: Ali Yüksel überzeugt bei der Präsentation, nach einer kurzen exklusiv Partnerschaft wird mit der QBS - QUORiON Business Control ein Gemeinschaftsunternehmen gegründet und mit dem Cloud Produkt QBC - QUORiON Business Control durchgestartet. In einigen Funktionsbereichen der Digitalisierung wie zum Beispiel Etikettendruck ist die QUORiON Business Solutions mit innovativen Neuheiten ganz vorne dabei.

Über 40 Mitarbeiter der QUORiON Gruppe arbeiten gemeinsam an der integrierten Hardware- und Softwarelösung welche als eine abgestimmte Einheit läuft. Seit zwei Monaten werden die Systeme auch international vermarktet: "Der Erfolg ist echt klasse, von der Schweiz und Deutschland bis nach Indonesien haben wir inzwischen namhafte Kunden und größere Filialisten mit über 25 angeschlossenen Geschäften quer durch alle Branchen." Dabei ist die Marketingkampagne noch gar nicht richtig gestartet, im Herbst betont Yüksel werden einige Hardware- als auch Software Neuheiten vorgestellt werden. Erst dann erwartet der Gründer den richtigen Durchbruch.

Doch trotz diesem Erfolg ist Ali Yüksel nicht der typische Start-up-Gründer der sich nur auf das eine Geschäft konzentriert. Für die Region Norschwarzwald ist ein Teil seines Teams weiterhin im Fachhandel unterwegs. Zudem arbeitet er parallel bei dem Konzern. Warum? In dem SAP Segment wo er unterwegs ist hat er genauso leuchtende Augen und schätzt das Umfeld und die Erfahrungen wie im QUORiON Cloud Software Haus. In Sachen Strategie und Geschäftsaufbau vertraut er seinem Team, Partner und Geschäftsführer und legt viel Wert auf die sehr vertrauensvolle und partnerschaftliche Zusammenarbeit. Das Zitat von Robert Bosch begleitet ihn bis heute "Lieber Geld verlieren als Vertrauen". "Mein Gehalt lasse ich lieber die nächste Zeit im Unternehmen, dort ist es besser angelegt", lautet deshalb seine Devise. Was wohl seine ehemalige Mathelehrerin dazu sagen würde?

QUORiON Business Solutions GmbH

Mercedesstraße 8
72108 Rottenburg-Ergenzingen

Webseite

www.delta-a.de

E-Mail-Adresse

qbs@quorion.de

Telefon

07457/6999862

Teilen auf

Weitere Unternehmens-Portraits

Foto: Knowledge Foundation @ Reutlingen University Anzeige

ZUKUNFT BRAUCHT MACHER!

Die Weiterbildungsspezialisten der Knowledge Foundation @ Reutlingen University um den geschäftsführenden Vorstand Daniel Geigis haben einen klaren Anspruch: Die Talente von morgen sollen ihre Potenziale voll ausschöpfen können. Egal ob im klassischen Mittelstand, in Konzernen oder in Städten und Landkreisen.


Foto: Knowledge Foundation @ Reutlingen University