Foto: Martin Maier

Andersartig

Das Unternehmerpaar Gabriela und Hermann Maier hat ein Museum gebaut. Damit haben sie sich gegen alle Konventionen und Kritiken hinweggesetzt.

Das kann man so nicht machen! Dieser Satz hat es Hermann Maier angetan: "Wir haben den in den vergangenen 15 Jahren so häufig gehört. Er ist zu einem regelrechten Ansporn geworden." Maier sitzt mit seiner Frau Gabriela Unbehaun-Maier im Besprechungszimmer des "Museum Art and Cars", kurz "Mac" in Singen. Das Paar ist umgeben von Plänen und Zeichnungen, plaudert munter, die Atmosphäre ist gemütlich - dabei gleicht das Gesagte der sprichwörtlichen emotionalen Achterbahn: Das Paar erzählt von der Realisierung eines Traums auf ihrem eigenen Weg.

Um das zu verstehen, muss man einige Jahrzehnte zurückblicken. Die Maiers haben beide einen unternehmerischen Hintergrund: Gabriela Maier stammt aus einer Wuppertaler Mode und Bekleidungsfamilie, Hermann Maiers Familie gehörte Farben Maier in Singen, das Paar entwickelt bundesweit Immobilien unter anderem für Lebensmittelmärkte. 1969 beginnen sie den gemeinsamen Lebensweg - man lebt und arbeitet aber fortan nicht nur zusammen, sondern teilt die gleichen Hobbys: das Faible für Malerei und Oldtimer.

Das ist im Schnelldurchlauf der Grund, weshalb das Paar nun inmitten der Skizzen und Planungen sitzt. Wobei ein Detail fehlt, ein "schicksalhaftes", wie es Maier ausdrückt und als dramaturgisch passende Pause einen Schluck aus dem mit Cola gefüllten Weinglas nimmt.

Anfang der 1990er-Jahre wird die Südwestdeutsche Kunststiftung gegründet, Hermann Maier gehört zu den Initiatoren, ebenso der damalige Singener OB Friedhelm Möhrle und der Unternehmer und Kunstkenner Paul Gönner. Die Grundlage der Stiftung bilden die von Ewald Förderer über Jahrzehnte gesammelten Kunstwerke: Förderer ist als "Kunstpfarrer" bekannt geworden, hat vielen Künstlern im Südwesten mit dem Weinkeller des Pfarrhauses und den Kochkünsten der Haushälterin über Lebenskrisen hinweggeholfen - die sich wiederum mit Werken erkenntlich zeigten.

Die Stiftung sollte also fortan die Werke Förderers sowie weiterer Sammler pflegen und ausstellen. Doch Letzteres erwies sich als Problem: "Es gab keine geeigneten Räume", so Gabriela Maier. Also macht sich das erfahrene Paar daran, welche zu schaffen - ein Unterfangen, das 15 Jahre in Anspruch nehmen sollte. Und jetzt kommt auch der besagte Satz ins Spiel: Das kann man so nicht machen! Zwar gibt es das Grundstück am Rand von Singen auf dem Areal der Familie. Doch das Bauwerk an sich?...?"Die Entwürfe der Architekten haben uns schlicht nicht überzeugt. Wir haben dann erkannt, dass wir selbst tätig werden mussten", erläutert Gabriela Maier.

Sie fing dann an, abends aus Styropor erste Modelle zu entwickeln: "Uns war schnell klar, das Museum selbst muss ein Kunstwerk sein." Ab 2009 bezieht das Paar den Gottmadinger Architekten Daniel Binder in die Planungen ein. Allmählich kristallisiert sich die auffällig gewellte, burgähnliche Gestalt des Gebäudes heraus, dem man die direkte Nachbarschaft zum Singener Hausberg Hohentwiel deutlich anmerkt.

Doch wer baut, merkt rasch: Die Hülle ist nur ein kleiner Teil des Gebäudes. Auch die Maiers ringen mit den Details. So wurde mit dem Baustoffspezialisten Sto ein Außenputz gemixt, der an alte Burg-Baustoffe anlehnt. Und mit einem Ziegelhersteller wird anderthalb Jahre aufwendig ein Stein entwickelt, der das Mikroklima innerhalb des Museums verträglich für Kunstwerke und Fahrzeuge regelt. "Den Aufwand haben wir aus einem Spargedanken heraus betrieben", so Hermann Maier: Im ursprünglichen Entwurf hätte alleine die technische Gebäudeausrüstung die Summe von 750?000 Euro gekostet. Geld, das das Ehepaar nicht ausgeben wollte.

Schlussendlich haben die Maiers Pläne, Ziegel und Putz, der Neubau muss also nur noch gebaut werden. Gabriela Maier: "Kein Bauunternehmen wollte das." 24 Generalunternehmer werden angeschrieben, 23 sagten direkt ab. "Einer hat gemeint, bei einem Aufschlag von 400 Prozent würde er ins Risiko gehen", schmunzelt Herrmann Maier. Die Statik der gewellten Architektur mit den meterdicken Ziegelwänden ist als Herausforderung schlicht zu groß. Die Lösung: "Wir haben selbst ein Bauunternehmen gegründet", so Gabriela Maier. Und an dem Punkt drehen sich die großen handwerklichen Anforderungen ins Positive: "Wir hatten keine Probleme, Mitarbeiter zu finden. Das Projekt war so anspruchsvoll, da wollten alle freiwillig mitmachen."

Im Jahr 2013 ist es geschafft: Der Museumsbau öffnet als Sitz der Kunststiftung mit der ersten Ausstellung die Türen. Wobei der Satz, das man das so nicht machen könne, die Maiers bis zur Eröffnung begleitete. Am Ende war es das Konzept, das für Kopfschütteln sorgte: Kunstwerke und Fahrzeuge gemeinsam zeigen - wer macht denn so etwas? Das "Mac" macht's, mit Erfolg: Gut 40?000 zahlende Besucher kamen bislang, dazu verlegen viele Unternehmen ihre Tagungen in den Bau oder man trifft sich schlicht im Restaurant. Ausstellungen mit Warhol-Bildern oder den BMW Art Cars ziehen die volle, auch internationale Aufmerksamkeit auf sich.

Inzwischen hört das Paar den Satz nicht mehr. Stattdessen bauen sie wieder: eine Erweiterung des Museums in direkter Nachbarschaft zum ersten Bau, wieder nicht minder anspruchsvoll in den Details.

Das Porträt erschien zuerst in Ausgabe 42 von econo im Mai 2017.

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