Gründerkolumne

Studium und/oder Start-up?


Martin Trenkle von Campusjäger über die Tücken des Gründens als Studenten

Oktober 2013: Jannik und ich sitzen in unserer frisch bezogenen Drei-Zimmer-Wohnung mit den zwei kleinen Schlafzimmern und dem großen Arbeitszimmer. Wir befinden uns im 1. Bachelorsemester, haben noch keine Vorlesung besucht und Unternehmen höchstens im Praktikum von innen gesehen. Trotzdem sind wir uns sicher, dass wir so schnell wie möglich ein Unternehmen gründen wollen.

Alles ist vorbereitet: ein großes Arbeitszimmer, Tafeln für Ideen, zwei große Schreibtische und verschiedene Anforderungen an mögliche Ideen. Am besten B2B, früh Umsatz generieren, technisch für Laien umsetzbar und vielleicht ein „langweiliger oder ineffizienter“ Markt, der auf disruptive Ideen wartet. Campusjäger hat all diese Ideen erfüllt: eine studentische Personalvermittlung, ein Markt, der für Headhunter nicht profitabel genug ist, trotzdem hohe Umsätze möglich macht und anfangs wenige technologische Herausforderungen mit sich bringt.

Die besuchten Vorlesungen lassen sich anderthalb Jahre später immer noch an einer Hand abzählen. Mittlerweile sind wir ein 14-köpfiges Team mit über 150 Kunden in Karlsruhe und Umgebung, die wir beim studentischen Recruiting unterstützen. Die Vision ist es, den Prozess einer Personalberatung durch intelligente IT extrem effizient zu gestalten und für alle Seiten so einfach wie möglich zu machen.

Da wir das Studium aber trotzdem irgendwann abschließen wollen, müssen wir neben der Vollzeitarbeit im Start-up versuchen, Klausuren zu schreiben. In den Hochphasen bedeutet das, täglich neun Stunden arbeiten und mindestens fünf Stunden Zeit zum Lernen finden. Und trotzdem hat das Gründen als Student aus unserer Sicht eine Reihe von Vorteilen:

• Erfahrungen. Man kann unglaublich vielfältige Erfahrungen sammeln.

• Kein tiefer Fall. Die meisten Studenten haben keine eigene Familie und niedrige Lebensunterhaltungskosten, die oft von den Eltern mitgetragen werden.

• Welpenschutz. Studenten dürfen sich öfter Fehler erlauben, werden gerne weiterempfohlen und wirken nicht so „gierig“ wie ein älteres Unternehmen.

• Förderungen. Es gibt verschiedene Förderungen, die auf junge Gründer und Studenten ausgerichtet sind.

• Niedriger Lebensstandard. Im Berufsleben fällt einem das Gründen aufgrund eines höheren Lebensstandards oder höherer Kosten oft noch schwerer!

Doch welche Nachteile hat das Gründen während des Studiums?

• Zeit. Wir drei Gründer studieren allesamt Wirtschaftsingenieur­wesen am Karlsruher Institut für Technologie. Der Studiengang ist auch ohne Start-up zeitintensiv. Die Kombination aus beidem schafft einen schwierigen Zeitplan.

• Fehlende Flexibilität. In den Semesterferien zwei Monate backpacken gehen, kann man als Gründer in der Frühphase nicht realisieren.

Fazit: Die Doppelbelastung ist definitiv anstrengend. Ob sich die Kraft, die wir in den letzten 18 Monaten in Campusjäger gesteckt haben, am Ende auszahlt, ist schwierig einzuschätzen, da wir aktuell vor den wichtigsten Weiterentwicklungen und den größten Veränderungen stehen.

Um die Titel-Frage zu beantworten: Studium und Start-up sind vor allem bei mitarbeiterintensiven Gründungen nur schwer vereinbar. Wer eine gute Idee hat, sollte aber trotzdem nicht warten – nach dem Studium wird es auch nicht leichter.

Foto: Jigal Fichtner für econo

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