Gründerkolumne

Die Welt verändern


Papershift-Gründer Michael Emaschow über menschliche Gewohnheiten und erklärt, was diese mit Software zu tun haben. Und weshalb die IT-Routinen am Ende für breite Veränderungsprozesse sorgen werden

In meiner Zeit vor Papershift habe ich mich einige Zeit mit den Themen „Gewohnheiten“ und „Routinen“ beschäftigt. Gewohnheiten faszinieren mich fast genauso, wie mich Software fasziniert. Denn letztlich haben beide sehr viel gemeinsam.

Gewohnheiten sind Prozesse, die ablaufen, ohne dass wir aktiv darüber nachdenken müssen. Unsere Morgenroutinen wie „Aufstehen – Zähne putzen – Anziehen“ sind sehr stark geprägt von Gewohnheiten. Wir arbeiten da sozusagen im Autopilot. Rauchen, Trinken oder übermäßige Esssucht sind auch nichts anderes als Gewohnheiten. Gewohnheiten, die negativ sind, bezeichnen wir als „Sucht“. Es ist bekannt, dass Menschen, die ihr Gedächtnis verloren haben und deshalb nicht in der Lage sind, eine Skizze von ihrem Haus zu zeichnen, jeden Morgen ohne Probleme den direkten Weg ins Bad und anschließend in die Küche finden. Hier laufen unterbewusste Prozesse ab, ohne dass die Person aktiv darüber nachdenken muss. Im Bewusstsein kann sich die Person dann auf ganz andere Dinge konzentrieren. In der Software-Welt würde man sagen: „Es nimmt kaum Speicherkapazität ein“ oder „Der Prozess läuft asynchron“. Und das ist genau das Spannende an solchen Prozessen: Sie laufen im „Hintergrund“, sodass das Bewusstsein Kapazität für tiefer gehende oder kreative Aufgaben hat.

Was auf eine einzelne Person zutrifft, trifft genauso auch auf Organisationen zu. Organisationen haben genauso ihre „Gewohnheiten“. Diese Gewohnheiten nennen man dann offiziell „Prozesse“ und man versucht, diese Prozesse ständig zu definieren, zu standardisieren und zu optimieren. Es gibt ganze Abteilungen, die den ganzen Tag nichts anderes machen, als solche „Gewohnheiten“ zu steuern. Das ist natürlich wesentlich komplexer als die Gewohnheiten einer einzelnen Person, weil hier Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Mitgliedern zu beachten sind und persönliche Gewohnheiten des Einzelnen störend auf den Gesamtprozess wirken könnten.

Wenn ich mir nun anschaue, was wir die letzten Jahre nachhaltiges bei Papershift geschaffen haben, dann schaue ich, neben der Technologie und dem Team, im Wesentlichen auf unsere bestehenden und gut funktionierenden Prozesse zurück. Sie sind durch viel „Trial and Error“ entstanden und sind nach wie vor von Veränderungen betroffen. Jede Änderung ist wiederum ein Prozess in sich und je größer die Organisation ist, desto schwieriger wird es, solche Prozesse zu verändern.

Und das ist der Grund, weshalb Software die Welt verändert. Software sorgt dafür, dass Prozesse standardisiert und – wenn möglich – automatisiert ablaufen. Sie laufen „im Hintergrund“ und erfüllen mit einer nicht vergleichbaren Genauigkeit ihren Zweck. Marc Andreessen, einer der erfolgreichsten Unternehmen und Investoren hat es in seinem Essay aus 2011 auf den Punkt gebracht: „Software is eating the world.“

Foto: Jigal Fichtner für econo

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