Standpunkt

Die Antwort heißt Europa


Der EU-Abgeordnete Andreas Schwab plädiert angesichts von Anschlägen und Flüchtlingsströmen für ein Mehr an Kooperation

Europa steht vor entscheidenden Herausforderungen. Das wurde immer wieder geschrieben und behauptet, aber diesmal stimmt es. Die Terroranschläge in Brüssel haben gezeigt, dass Polizeikontrollen islamistische Terroristen passieren ließen, weil sie nicht ausreichend über die Gefahren informiert waren. Und der unkontrollierte Zustrom an Flüchtlingen über das Mittelmeer zeigt, dass wir in Europa bislang nicht ausreichend getan haben, um unsere innere und äußere Sicherheit zu gewährleisten, wenn diese entsprechend unter Druck geraten. Die Bürger spüren das und reagieren darauf ganz unterschiedlich. Teilweise durch die Wahl rechtspopulistischer oder rechtsradikaler Parteien - obwohl diese weder jemals ein Problem gelöst hätten, geschweige denn Konzepte anböten, die funktionieren. Wenn ich von „Europa“ spreche, dann meine ich uns alle. Denn formal ist die EU weder für die innere noch für die äußere Sicherheit zuständig. Die Mitgliedstaaten tragen dafür Verantwortung. Die Bürger interessiert das wenig, sie wollen, dass die Dinge funktionieren.

Schutz der Außengrenzen, effektive Polizeikontrollen, Aufnahme von Flüchtlingen aus Kriegsgebieten ? all das in ganz Europa!

Es stimmt: Die bisherigen Bereiche europäischer Kooperation waren für die guten Tage gemacht. Jetzt, wo wir auch schlechte Tage erleben, merken wir, dass es an den dafür notwendigen Strukturen mangelt. Polizei, Strafverfolgung und Geheimdienste sind Kernbereiche staatlicher Souveränität, bei denen wir heute sehen, dass wir sie nur noch dann effektiv ausüben können, wenn sie in europäischer Kooperation ausgeführt werden. Ich bin überzeugt, dass die Bürger in dieser Phase vor allem eines wollen - Sicherheit und funktionierende Strukturen. Und Sicherheit können wir im 21. Jahrhundert nur erlangen, wenn wir zusammenarbeiten: in der EU und mit unseren Nachbarn.

Schon nach den Anschlägen in Paris im November 2015 habe ich einen europäischen Geheimdienst gefordert. Es ist einfach nicht hinnehmbar, dass wir Informationen schneller mit den USA teilen als mit unseren Nachbarn! Das Abkommen zwischen der Türkei und der Europäischen Union hat Mitte März Klarheit geschaffen, dass wir die Situation im östlichen Mittelmeer mit der Hilfe unserer Nachbarn erheblich verbessern können, denn Schlepperbanden werden nicht mehr in der Lage sein, die geografische Situation vor Ort (mit über 800 Inseln) für sich zu nutzen.

Wir müssen uns nun auf zwei Dinge konzentrieren: zum einen auf die Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten in der EU. Vor allem Deutschland trägt derzeit die Hauptlast, während andere Mitgliedsstaaten die Hände in den Schoß legen. Dabei ist offensichtlich, dass Deutschland zur Eindämmung des Flüchtlingsstroms die Nachbarstaaten in Europa braucht. Aber mit dem Abkommen ist nun auch noch klarer: Es muss eine europäische Antwort auf ein europäisches Problem geben.

Und: Das Abkommen mit der Türkei wird deutlich machen, dass nationaler Egoismus immer wider besseres Wissen großgeschrieben wird - und das gemeinsame Lösungen bessere Ergebnisse bringen.

Wir müssen uns auf unsere gemeinsamen Werte besinnen und dürfen nicht aus dem Auge verlieren, dass wir eine realistische Perspektive haben, dass alle EU-Staaten ihren Teil zu einer Lösung beitragen können. Das bedeutet jedoch noch viel Überzeugungsarbeit.

Foto: Büro Andreas Schwab

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