Jetzt kommt’s zum Schwur

Alle reden von der Kreditklemme. Deshalb waren die Hausbanken noch nie so wichtig. Doch nicht alle ticken gleich.Econo-Herausgeber Klaus Kresse sagt, warum das so ist

 
 

Mal ehrlich: Würden Sie aus Ihrer Privatschatulle Ihrem Unternehmen Geld leihen? Wenn Sie jetzt mit Nein antworten, gleich die Zusatzfrage: Warum, bitte, sollte es dann Ihre Bank tun?

So einfach liegen die Dinge, wenn wir über Geldinstitute, Unternehmens-Finanzierung und Kreditklemme reden. Oder über Credit crunch, wie es im Angelsächsischen heißt. Das hört sich nicht so hässlich an, erinnert mehr an leckere Schokoriegel.

Aber lassen wir die Wortspiele.  Versuchen wir eine Antwort auf die simple Frage: Gibt es nun eine Kreditklemme – oder nicht?

Wer durchs Internet irrt und dem Begriff Kreditklemme nach­googelt, könnte dem Wahnsinn verfallen. Da findet sich die ganze Bandbreite von Ja bis Nein.
Wiwo.de meldete schon 2009: „Kreditklemme verschärft sich immer mehr“. Wirtschaftsguru Hans-Werner Sinn warnte, die Kreditklemme könne sich zum Hauptproblem für die deutsche Konjunktur entwickeln. Wogegen das Schweizer Blatt „Die Weltwoche“ titelte: „Kreditklemme gibt es nicht“. Ja was denn nun? Alles nur Tarnen und Täuschen?

Ordnen wir das Ganze einmal. Fakt ist: Nach der Lehman-Pleite wurden Weltwirtschaft und die Finanzmärkte so kräftig geschüttelt wie schon lange nicht mehr.
Die wichtigsten Folgen sind schnell genannt.

1. Auch Traumtänzer haben begriffen, dass hohe Renditen immer auch hohe Risiken bedeuten.

2. Wir mussten zur Kenntnis nehmen, dass sogar die Testate der namhaftesten Rating-Agenturen zuweilen nichts wert sind. Lehman Brothers etwa hatte bis kurz vor der Pleite ein Traum-Rating.

3. Weltweit wurde zumindest der Versuch unternommen, die Geldinstitute an eine kürzere Leine zu nehmen. Hauptforderung: Risiken endlich mit mehr Eigen­kapital unterlegen!

Das ist der Punkt. Risiko kostet Geld. Das ist zwar grundsätzlich nicht neu, wurde vielen aber jetzt erst richtig bewusst.

Zurück zu den Banken und zum Thema Kreditklemme.

Jetzt, in den Wirbeln einer gigantischen Krise, kommt es zum Schwur. Denn bei fast allen Unternehmen fallen die 2009er-Bilanzen deutlich schlechter aus als die des Vorjahres. Was zwangsläufig aufs Rating durchschlägt. Daran ist nichts zu deuteln. Die Frage ist nur: Wie gehen die Hausbanken einer Firma damit um?

Gerade beim Mittelstand kommt es da zur Nagelprobe. Denn zum einen hat er kaum die Chance, sich wie Großkonzerne über Unternehmensanleihen zu finanzieren. Zum anderen kenne ich keinen Mittelständler, den die schiere Größe schützen würde – frei nach dem Motto: Too big to fail.

Mittelständler machen interessante Erfahrungen. Sie bekommen zu spüren, dass anonyme Großbanken nicht so ticken wie die Sparkasse oder Volksbank vor Ort. Da spielen andere Rendite-Erwartungen eine Rolle. Da wirkt sich aus, dass das Personal vieler Großbanken im Wanderzirkus unterwegs ist, weil der Karriereweg von Standort zu Standort führt und deshalb keine langfristigen Beziehungen aufgebaut werden können. Und es greift ein fataler Mechanismus. Denn der Forderung nach besserer Eigenkapitalquote – bei Banken die sogenannte Kernkapitalquote – lässt sich auf zwei Wegen entsprechen. Der schwierige: Man bringt Geld. Der einfache: Man verkürzt die Bilanz – etwa in dem das Kreditvolumen runtergefahren wird. Und schon sind wir mittendrin in der Kreditklemme.

Die Kundenbeziehungen bei Sparkassen und Volksbanken sind anders. Beim Rating zum Beispiel zählen nicht nur die reinen Finanzparameter. Man kennt sich, oft schon seit Langem. Die Bank weiß, wie der Kunde sein Unternehmen führt, wie seriös er ist.

Und: Sie sitzt mit den Kunden in einem Boot. So lang wie möglich hält sie ihn über Wasser. Denn klassische Sicherheiten wie zum Beispiel eine Werkhalle geben in diesen Zeiten alles – nur keine Sicherheit. Not verbindet eben.

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