Die öffentliche Verlogenheit

Diese LBBW! Ein offener Brief an Finanzminister Stächele zeigt, welchen Schaden sie anrichtet. Econo-Herausgeber Klaus Kresse sagt: berechtigte Kritik – leider von der falschen Seite

 
 

Steuerrecht hin, Steuerrecht her – Geld in der Schweiz zu parken, hat seinen Charme. Es kann dort in Ruhe arbeiten und ist fürs Erste dem Zugriff des deutschen Fiskus entzogen. Im Schönsprech der Banker liest sich das so: „Die Schweiz. Eine seit über 150 Jahre dauernde politische Sicherheit und Stabilität, die unangetastete Privatsphäre sowie die Tatsache eines eigenen Rechtsraums außerhalb der EU sind wichtige Faktoren, die bei der Kapitalanlage Berücksichtigung finden sollten.“

Schöne Worte. Weniger schön ist die Quelle. Denn der Lockruf Richtung Geldanleger kommt nicht etwa von der Credit Suisse oder der UBS. Er ist O-Ton LBBW (Schweiz) AG, wie sich die 100-Prozent-Tochter der Landesbank Baden-Württemberg nennt.

Was, bitte, hat eine Landesbank in diesem Geschäft zu suchen? Welcher Teufel hat da wen geritten? Kann das alles wahr sein?

Bevor unser Blutdruck auf 220 geht, sollten wir innehalten und uns mit den Aufgaben einer Landesbank beschäftigen.

Landesbanken sind öffentlich-rechtliche Banken, die sich weitgehend im Besitz der Bundesländer und der Sparkassen befinden. Im Fall der LBBW, also der Landesbank Baden-Württemberg, gibt es neben dem Land (35,61 Prozent) und dem Sparkassenverband des Landes (40,53 Prozent) noch zwei weitere Träger: die Stadt Stuttgart (18,93 Prozent) sowie die Landeskreditbank (4,92 Prozent).

Das Ganze ist also eine öffentlich-rechtliche Veranstaltung. Und so erklären sich die Aufgaben der Landesbanken. Im engen Zusammenspiel mit den Sparkassen sollen sie größere Kunden beraten und betreuen, umfängliche Kreditvergaben ermöglichen und helfend die Hand reichen, wenn sich ein Mittelständler zum Beispiel in China engagieren will. Da Landes­banken quasi die Hausbanken der Länder sind, unterstützen sie auch deren Wirtschaftspolitik.
So weit, so gut.

Aber das ist nur eine Seite der Medaille. Wie das Beispiel der Schweizer LBBW-Tochter zeigt, verfolgt die Landesbank auch Interessen, die – um es sehr zurückhaltend zu formulieren – dem Land und seinen Steuerzahlern mit Sicherheit nicht nützen.

Schlimmer noch. Bei den Landesbanken waren hemmungslose Zocker am Werk. Weil das Kreditgeschäft wenig prickelnd ist, versuchten sie neue, riskante Geschäftsmodelle. Etwa auf dem US-Hypothekenmarkt. Mit so giftigen Derivaten wie den selbst für Profis schwer durchschaubaren Credit Defaults Swaps. Mit solch hochspekulativen Geschäften erzielte die SachsenLB angeblich bis zu 80 Prozent ihres Gewinns.

Doch genau auf diesem Spielfeld hat der Player Landesbank nichts verloren. Zum einen, weil dies Sache der Investmentbank ist. Zum anderen, weil der Steuerzahler, die Sparkasse vor Ort und die Sparkassenkunden unfreiwillig mit am Spieltisch sitzen.

So kam es, wie es kommen musste: Die SachsenLB musste 1,8 Milliarden Euro abschreiben und wurde von der LBBW per Übernahme vor der Pleite gerettet. Die LBBW selbst musste von ihren Gesellschaftern mit einer Kapitalspritze von fünf Milliarden Euro stabilisiert werden. Nicht zu reden von einer 12,7-Milliarden-Garantie für zwei kritische Portfolios.

Das alles ist jetzt durch einen merkwürdigen Vorgang nochmals aufs Tapet gekommen. Baden-Württembergs Finanzminister Willi Stächele wird in einem offenen Brief des „Zweizungensystems“ beschuldigt, weil er öffentlich über „die böse Schweiz ge-wettert“ habe, „weil sie vielen Deutschen hilft, Steuern zu hinterziehen“. Pikant daran: Der Brief stammt von einem früheren Parteifreund Stächeles, dem Ex-Bauunterunternehmer „Louis“ Fischer. Der gilt als schillernde Persönlichkeit, hat Geschäfte mit dem Irak gemacht und stand unter dem Verdacht illegaler Waffendeals. 2004 ging seine Firma in die Insolvenz. Heute lebt Fischer dort, wo Geld Spaß macht: in der Schweiz.

Schade, dass oft die Falschen den Finger in die Wunde legen.

Teilen auf

NO!