„Die Leute sterben dann eben nicht an Corona“

3D-Drucker stehen hoch im Kurs, weil darauf schnell medizinische Hilfsmittel „ausgedruckt“ werden können. Gerhard Duda warnt: „Die Wenigsten machen sich Gedanken über ihr Tun“. Der Chef von 3-Labs erklärt im Interview, wie es besser geht und wie er neue Technologien für passgenaue Atemmasken einsetzt

 
Foto: Jigal Fichtner für econo
 

Gefühlt druckt gerade jeder, der einen 3D-Drucker hat, Hilfsmittel für Krankenhäuser und Ärzte. Nehmen Sie das auch so wahr, Herr Duda?

Gerhard Duda:
Es ist tatsächlich Wahnsinn, was passiert. Was ich alles in den sozialen Medien gesehen habe, hätte ich vor wenigen Tagen noch für unmöglich gehalten: Vom Konzern bis zum Privatmensch wird gerade tatsächlich weltweit ungeheuer viel hergestellt, kistenweise geht das Zeug raus.

Das klingt, als wären Sie von den Aktionen nicht überzeugt?

Duda:
Bitte nicht falsch verstehen! Das breite Engagement ist tatsächlich phantastisch, aber mein Eindruck ist: Die wenigsten Verantwortlichen machen sich ausreichend Gedanken über ihr Tun.

Das müssen Sie erklären...

Duda:
Die beim 3D-Druck eingesetzten Materialien haben es teilweise echt in sich. Sie waren ja schon bei uns und wissen, wie es teilweise in unseren Produktionsräumen riecht. Ich warne deshalb davor, einfach jedes Supplement für sensible Einsatzbereiche zu verwenden. Überspitzt gesagt: Am Ende sterben die Menschen nicht am Corona-Virus, dafür möglicherweise an den Ausdünstungen der Supplements.

Das klingt hart!

Duda:
Man muss es so hart ausdrücken, um für das Thema zu sensibilisieren. Es gibt Supplements, die für den Einsatz im medizinischen Bereich geeignet sind, die man kochen und sterilisieren kann und die mit Haut in Berührung kommen dürfen. Aber um das zu wissen, muss man sich richtig informieren.
Zudem warne ich davor, einfach mal so Teile auszudrucken, für die man die Daten als Freeware im Internet gefunden hat. Nehmen Sie einen Mundschutz: An den werden besondere Anforderungen beispielsweise für den Luftaustausch gestellt. Was nützt ein Mundschutz, wenn der Träger keine Luft bekommt oder das Teil schräg im Gesicht sitzt? Hier gilt es Normen einzuhalten, um Menschen nicht zu gefährden.

Zumindest in den großen Unternehmen und Konzernen, in denen die Entwicklungsabteilungen mit 3D-Druckern arbeiten, dürfte aber die nötige Sensibilität vorhanden sein?

Duda:
Leider bin ich mir da ebenfalls nicht sicher. Mein persönlicher Eindruck ist: Anstatt in Kurzarbeit zu gehen, satteln eine Reihe Firmen jetzt auf Produkte und Bauteile für medizinische Einsätze um. Aber es besteht eben ganz praktisch ein Unterschied, ob ich ein Bauteil für ein Fahrzeug oder ein Medizinprodukt herstelle - ganz abgesehen von rechtlichen Bewertungen.

Sie machen die Hilfsbereitschaft madig!

Duda:
Nein, absolut nicht, wenn echte Hilfsbereitschaft dahinter steht! Ich möchte aber dafür sensibilisieren, dass viele der Bauteile direkt oder indirekt mit Menschen in Berührung kommen und da muss man einfach Standards einhalten.

Was raten Sie?

Duda:
Wer seinen 3D-Drucker für derlei Produkte einsetzen möchte, der sollte sich bei einschlägigen Medizintechnikunternehmen oder Verbänden informieren und die Anforderungen erfragen, den Austausch suchen. Vielleicht können hier auch die Krankenhäuser weiterhelfen.

Drucken Sie ebenfalls Hilfsmittel?

Duda:
Ja, bei uns laufen aktuell mehrere Projekte parallel. Unter anderem drucken wir für Altenheime bei uns am Standort Türöffner, damit Bewohner und Pflegepersonal die Türklinken nicht anfassen müssen. Dank dem Sponsoring verschiedener Unternehmen, durch uns und die Stadt können wir diese Öffner kostenfrei zur Verfügung stellen. Aber auch bei diesem recht einfachen Teil haben wir uns vorher mit der Heimleitung in Verbindung gesetzt, um die Anforderungen zu erfahren, damit wir das richtige Material einsetzen. Zudem haben wir mit Krankenhäusern im Südwesten ein Projekt für Atemmasken gestartet.

Beachten Sie dabei die vorhin genannten Anforderungen wie den Luftaustausch?

Duda:
Wir gehen sogar noch einen Schritt weiter: Wir wollen die Masken individualisieren, damit sie dem Träger richtig passen.

Was steckt dahinter?

Duda:
Die Idee dahinter ist, dass der Träger sein Gesicht per Smartphone scannt und die Software ein 3D-Modell der Gesichtsform erstellt. Daraus erstellen wir dann eine passgenaue Druckvorlage. Die Maske besteht natürlich aus geeignetem Material und kann mehrfach verwendet und sterilisiert werden. Wir liefern dabei aber nur eine Art Körper, die nötigen Einlagen aus einem speziellen Material legen die Krankenhäuser dann selbst ein.

Das klingt nach einem neuen Geschäftsmodell?

Duda:
Nein, wir wollen von der Krise nicht profitieren! Wir sehen es für uns vor allem als Lernprozess, weil wir abseits des Alltagsgeschäfts Neues auch im Technologiebereich ausprobieren können. Nach dem Ende der aktuellen Lage ergeben sich dann daraus für uns aber bestimmt neue Chancen.

Besten Dank, für das Gespräch Herr Duda!

Zur Person


Gerhard Duda hat 2009 in St. Georgen im Schwarzwald die 3D-Labs als Dienstleister für Rapid-Prototyping, Serienfertigung und den Verkauf von Anlagen gegründet. Heute gilt das Team als einer der führenden Anwender und Experten in diesem Bereich, selbst große Konzerne setzen auf die Kompetenz der Schwarzwälder. Der begeisterte Fitnesssportler beschäftigt sich zudem mit der "Chemie", also dem Zusammenstellen neuer Ausgangsstoffe für die additive Fertigung - kein Wunder, dass der neue Katalog der 3D-Labs eine moderne Hexe ziert.

Information: Am 26. Juni veranstaltet 3D-Labs die 3D-Tage. Die Besonderheit: Dabei geht es nicht um das Verkaufen neuer Technologien, sondern um den echten Erfahrungsaustausch, mit allen Höhen und Tiefen. econo ist Medienpartner der Veranstaltung.

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