Der Kampf ums Brötchen

Sinkende Umsätze, steigender Druck: Immer mehr Franchise-Nehmer kehren Subway den Rücken. Im Südwesten haben ehemalige Betreiber eine Genossenschaft gegründet, die nun gegen den Konzern antritt.

 
Foto: Jigal Fichtner
 

Noch vor wenigen Monaten ist die Welt der Sandwichkette Subway in Ordnung. „Glaube nur, was du siehst“ prangt damals auf einem Plakat der Sandwichkette im Parkhaus Marktplatz in der Karlsruher Innenstadt. Darunter aufgelistet die drei Filialen in Karlsruhe: Kronenplatz, Postgalerie und am Ettlinger Tor. Nun, Anfang April, ist das Plakat verschwunden - und mit ihm auch die Filialen. Karlsruhe ist subway-freie Zone. Manchmal also scheint es besser zu sein, nur das zu glauben, was man hört. Denn hinter den Kulissen tobt schon seit Monaten ein heftiger Existenzkampf.


Karlsruhe, Ende März. Die Frühlingssonne strahlt über der Innenstadt. Direkt gegenüber dem ECE-Center sind einige Bauar-beiter dabei, Gehweg und Straße aufzureißen. Presslufthämmer dröhnen. Die Vorboten der Kombilösung im Kleinformat. Es ist kurz vor zehn Uhr. Die Türen des ehemaligen Karlsruher Subway-Restaurants sind bereits geöffnet, Stühle und Tische sind fein säuberlich gestapelt, drinnen riecht es nach getoastetem Brot. Ein Hauch von Tomantensoße liegt in der Luft. Der Arbeitstag beginnt. Von Subway keine Spur mehr.

Frieder Dreher wirkt entspannt, als er ins Restaurant tritt. Das mag an der Sonne liegen - oder daran, dass er raus ist aus dem Subway-System. Im vergangenen Jahr hat er seinen Vertrag mit dem amerikanischen Franchise-Geber gekündigt. Dreher betreibt sieben Restaurants, vier in Karlsruhe, zwei in Pforzheim, eins in Gaggenau und beschäftigt an den Standorten 40 Menschen. In manchen Medien gilt er seitdem als Revolutionär, als einer, der sich gegen das unrechte System auflehnt, dem großen amerikanischen Konzern sozusagen zeigt, was eine Harke ist.

Dreher schüttelt den Kopf und lächelt leicht schief. „Das ist doch Quatsch. Das ist doch keine Rebellion und ich bin nicht der Revolutionsführer“, erklärt er und schaut rüber zur Theke. „Es ging schlicht um meine Existenz. Deshalb habe ich gekündigt.“ Die Umsätze seiner Restaurants seien in den vergangenen Jahren jährlich im zweistelligen Prozentbereich zurückgegangen. Deshalb habe er keine andere Wahl gehabt, sagt der ehemalige Franchise-Nehmer, der nun ohne Subway weitermachen will.

Dreher ist nicht allein. Mehr als 100 der rund 800 Restaurants in Deutschland haben inzwischen einen Schlussstrich unter das Subway-Kapitel gezogen. Die Betreiber haben ihren Vertrag gekündigt oder die Gebührenzahlungen eingestellt und so ihren eigenen Rauswurf provoziert. Der Kette, so scheint es, gehen allmählich die Restaurants in Deutschland aus.

Da mutet die neueste Rekordmeldung der US-Imbisskette fast ein wenig absurd an: Subway hat McDonald’s überholt. Zumindest was die Zahl der Filialen angeht. 33 749 Subway-Restaurants weltweit meldet der Konzern, die Frikadellenbrater mit dem goldenen M kommen „nur“ auf 32 737. Was den Umsatz angeht, ist McDonald’s allerdings die unangefochtene Nummer eins. 2010 stehen 17,3 Mil- liarden Euro hier 10,9 Milliarden Euro, die Subway erwirtschaftet hat, gegenüber.

Das ändert nichts an der prekären Situation in Deutschland. Vor allem im Südwesten geht der Aderlass weiter. Neben Dreher, der vor zehn Jahren einer der ersten Franchise-Nehmer in Deutschland war und die Region Karlsruhe erschlossen hat, ist es der Ausstieg von Nicole Blechschmidt, der Subway schmerzen dürfte. Sie betreibt derzeit acht Restaurants in Südbaden - ohne Subway. Sie und Dreher arbeiten an einer eigenen Zukunft. Und die heißt Mr. Sub.

Dreher lächelt. „Mr. Sub ist eine Genossenschaft, der sich bereits mehrere Betreiber angeschlossen haben.“ Derzeit sind mehr als 30 Restaurants dabei. Dreher ist aber sicher: „Bis Jahresende ist die Zahl dreistellig.“ Mit künftigen Mitgliedern stehen er, der im Vorstand von Mr. Sub sitzt, und Blechschmidt, Aufsichtsratsvorsitzende der Genossenschaft, in ständigem Kontakt. Selbst Plätze im Vorstand werden frei gehalten. „Wer die einnimmt, darf ich nicht sagen. Einige sind immerhin noch bei Subway unter Vertrag.“

Bei Subway gibt man sich hinsichtlich des Filialsterbens verständlicherweise zugeknöpft. Eine Sprecherin bestätigt allerdings, dass die Umsatzentwicklung der Kette in Deutschland „nicht zufriedenstellend“ sei. Allerdings arbeite die Kette derzeit an einer strategischen Neuausrichtung - bei der auch die Franchise-Nehmer innerhalb eines Boards am neuen Marketing mitarbeiten sollen.

Für Dreher kommt der Versuch eines Turn-Arounds zu spät. Doch trotz des Ärgers, trotz der rückläufigen Umsatzzahlen: Dreher fiel der Schritt nicht leicht. „Ich habe an die Subway-Idee geglaubt. Bis zuletzt.“ Zumindest bis Fred De Luca nach Deutschland kam, um sich die Sorgen der deutschen Franchise-Nehmer anzuhören. Auch Dreher war Teil des Betreiber-Konsortiums, das der Subway-Führung um den allmächtigen Gründer De Luca die Probleme geschildert hat. Dreher: „Die Restaurants sind nicht mehr zeit-gemäß ausgestattet. Das Produktportfolio ist arm an Innovationen.“ Trends seien verschlafen worden. Und auch das Marketing habe nicht den Bedürfnissen der Betreiber entsprochen.

Ein weiteres Problem: der relative hohe Beitrag, den Subway verlangt. Jeden Monat fließen rund 12,5 Prozent des Umsatzes an Subway, acht als Systemgebühr, 4,5 als Marketingbeitrag, „ganz egal, wie viel und ob man überhaupt Gewinn macht“, so Dreher. Die hohe Gebühr habe vielen Restaurants in der Krise heftig zugesetzt, sagt Dreher. Vor allem weil Subway auf einer pünktlichen Zahlung bestanden habe. Der Missmut gärt seit Jahren, 2009 war Subway wegen der Unzufriedenheit zahlreicher Lizenznehmer gar aus dem Deutschen Franchise-Verband (DFV) geflogen. Alles Probleme, die das Konsor-tium auch der aus den USA eingeflogenen Firmenleitung schildert. „Ich habe sehr viel Hoffnung in das Gespräch mit Fred De Luca gesetzt“, erklärt Dreher und sagt dann nichts mehr. „Es ist nichts passiert“, setzt er nach einer kurzen Pause zu. „Da war für mich der Punkt gekommen, zu sagen: Das war’s.“

Das Risiko ist groß. Darum wissen Dreher und auch Blechschmidt. Einige der ehemaligen Subway-Filialen haben es nach dem Ausstieg auf eigene Faust probiert - und sind gnadenlos gescheitert. Dreher ist zuversichtlich. „Klar ist der Neuanfang harte Arbeit“, sagt der 60-Jährige. „Aber wir werden es schaffen. Im April stellen wir unser neues Marketingkonzept vor.“ Dreher wirkt noch immer entspannt. Dann sagt er: „Vor zehn Jahren, als die Subway-Geschichte in Deutschland ins Rollen kam und viele eingestiegen sind, hatten die meisten wahrscheinlich einen eigenen, erfolgreichen McDonald’s im Kopf, mit dem man viel Geld verdient“, sagt er und lächelt. „Daraus ist nichts geworden.“

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