"Der Branche ist der Kompass abhanden gekommen"

IMS Gear-Vorstand Berrnd Schilling im econo-Interview über Umsatzrückgänge, Kostenbremsen, Schönheitsreparaturen und den Optimismus für 2020

 
Foto: IMS Gear
 

Herr Schilling, die Automotive-Branche steht allgemein aktuell nicht im besten Licht in Sachen Konjunktur und Transformation. Wie erleben Sie persönlich die Branche?

Bernd Schilling:
Man spürt allseits eine große Verunsicherung, der Kompass scheint der Branche aktuell abhanden gekommen zu sein. Wir befinden uns in einem großen technologischen Umbruch mit neuen Spielern aus der digitalen Welt, gepaart mit einem unsicheren, unter anderem durch Handelskonflikte geprägten Marktumfeld. Darunter leidet die Konjunktur und davon bleibt natürlich auch ein Zulieferer wie IMS Gear nicht verschont. Technologisch sind wir jedoch, was unsere Produktpalette anbelangt, weitestgehend unabhängig davon, ob ein Fahrzeug von Verbrennungsmotoren, per Hybrid-Technik oder rein elektrisch angetrieben wird. Wir gehen auch davon aus, dass das Auto als Form der individuellen Mobilität attraktiv bleibt und sich der Absatz weltweit auf einem hohen Niveau weiter halten wird. Insofern fahren wir derzeit zwar auf Sicht, unsere Aufstellung mit einem ausgewogenen Produktspektrum in Kombination mit unseren Entwicklungs- und Fertigungskompetenzen bietet uns aber auch für die Zukunft Wachstumschancen.

Wie ist die Entwicklung konkret bei IMS Gear?

Schilling:
Angesichts der konjunkturellen Unsicherheiten haben wir unsere Umsatzerwartungen – und damit auch die Stückzahlen für alle Märkte und Produkte – nach unten korrigiert. Für das Jahr 2019 – die endgültigen Zahlen liegen noch nicht vor – rechnen wir mit einer Umsatzhöhe, die sich etwas unterhalb des Vorjahresniveaus von 533 Millionen Euro bewegt. In das laufende Jahr 2020 sind wir mit sehr vorsichtigem Optimismus gestartet, fahren weiterhin auf Sicht und rechnen mit einem im Vergleich zum Vorjahr leicht steigenden Umsatz.

Welche Maßnahmen wurden ergriffen? In der Krise 2007/2008 gehörte IMS Gear ja zu den ersten, die entsprechende Anpassungen vorgenommen haben, um halbwegs gut durchzusegeln...

Schilling:
Angesichts der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind wir bereits Anfang 2019 auf die Kostenbremse getreten. Im Personalbereich hat sich das beispielsweise dahingehend ausgewirkt, dass wir die Leiharbeit zurückgefahren haben, unsere Schichtmodelle variabel an geänderte Auftragsvolumina anpassen und befristete Arbeitsverträge teilweise nicht verlängert haben. Außerdem haben wir Arbeitszeitkonten abgeschmolzen und besetzen derzeit einen Großteil der durch Fluktuation frei werdenden Stellen nicht neu.

Was bedeutet das denn in Zahlen?

Schilling:
Bedingt durch diese Maßnahmen hat sich unsere weltweite Mitarbeiterzahl von rund 3700 am Jahresanfang 2019 auf aktuell rund 3400 reduziert.

Wie sieht es mit Investitionen in neue Produkte und Standorte aus?

Schilling:
IMS Gear hat in den vergangenen Jahren in erheblichem Umfang Investitionen in neue Projekte getätigt. Wir behalten die Kostenseite zwar fest im Blick, trotzdem gibt es keinen rigorosen Investitionsstopp. Notwendige und für die Weiterentwicklung für IMS Gear wichtige Investitionen werden nach wie vor angegangen, Schönheitsreparaturen müssen warten.

Konkret gefragt: Es gibt Gerüchte, die Erweiterung des neuen Standortes in Villingen-Schwenningen würde kaum zwei Jahre nach Eröffnung des ersten Abschnitts bereits für diesen Herbst spruchreif?

Schilling:
Wir konkretisieren derzeit die Planungen für eine Erweiterung unseres Standortes in Villingen-Schwenningen soweit, dass das Projekt ohne große Vorlaufzeit in die Umsetzung gehen kann. Eine endgültige Entscheidung – insbesondere über den Startzeitpunkt und den Zuschnitt einer Erweiterung – ist noch nicht gefallen.

Besten Dank, Herr Schilling!

Bernd Schilling ist seit 1994 bei IMS Gear und ab 2011 im Vorstand des Zulieferers mit Standorten in Donaueschingen, Eisenbach, Villingen-Schwenningen, Trossingen, Mexiko und China. Er verantwortet die Bereiche Vertrieb, Entwicklung und Einkauf. Zusammen mit den Vorstandskollegen Dieter Lebzelter und Wolfgang Weber teilt sich der leidenschaftliche Koch, Skifahrer und Saxophonist nicht nur das Büro, es gibt dort auch nur zwei Schreibtische.

Teilen auf

Das könnte Sie auch interessieren